REICHSARCHIV BAND 35, VON SEITE  152 BIS 179

Ein Dankeschön an unseren Freund Herrn Jacques Lemarié aus Deutschland, der uns diesen Text übermittelt hat.

Falls jemand anders uns auch helfen will, entweder mit Übersetzungen oder Übermittlung von Dokumenten, welche die 2. Marneschlacht betreffen, so ist er herzlich willkommen. Vielen Dank im voraus.

152   Der Verlauf des 20. Juli.

Die Infanteriekämpfe, die an vielen Stellen der Schlachtfront gegen

Ende des Nachmittags oder am Abend des 19. Juli neu begonnen

hatten, waren zumeist erst spät in der Nacht eingeschlafen. Lebhaftes

Störungsfeuer der feindlichen Artillerie lag auf den Inf.- und Artillerie-

Stellungen sowie im Hintergelände, es wurde von den deutschen Batte-

rien nach Kräften erwidert.

Nördlich der Aisne nahmen die Kämpfe während des 20. Juli keinen

größeren Umfang an. Nördlich von Fontenoy drückte ein Vorstoß die

Vorfeldbesatzung des Res.Inf.Regt. 243 (53. Res.Div.) auf die Haupt-

widerstandslinie zurück, doch gelang es am Nachmittag dem Regiment

aus eigenen Kräften, das Vorfeld im Gegenstoß zurückzugewinnen.

Auch an diesem Tage rechnete General d. Inf. v. E b e n mit starken

feindlichen Angriffen nördlich der Aisne; wieder erhielten daher die

Gruppen W o y n a und H o f m a n n Befehl, alle Vorbereitungen zur

Abwehrschlacht zu treffen. Es war klar, daß ein etwaiges Zurückdrücken

der deutschen Front nördlich des Flusses die Bedingungen für den feind-

lichen Angriff südlich der Aisne erheblich verbessern, vor allem die so

wirksame Artillerieflankierung vor die Stellungen der Gruppe Staabs

aufheben mußte. Andererseits erwog das A.O.K. 9 auch einen Gegen-

angriff dieser Gruppe mit zwei frischen Divisionen; das Heeresgruppen-

kommando war jedoch nicht in der Lage. die erforderlichen Kräfte hierzu

zur Verfügung zu stellen (vgl. S. 173).

Hinter der Gruppe Woyna stellten sich die 50. Res.Div. und eine

Eingreifgruppe der 222. Inf.Div. bereit; der Rest der letztgenannten sollte

am 21. auf das Südufer der Oise nachgezogen werden. Hinter der

Gruppe Hofmann traf am Morgen eine Eingreifstaffel der 76. Res.Div.

Die Front der Gruppe Staabs am 20. Juli. 153

ein. Alle diese Divisionen waren wieder zu Heeresgruppen-Reserven be-

stimmt worden, ein Fernschreiben der Heeresgruppe besagte, daß der von

der 9. Armee in Aussicht genommene Einsatz der 76. Res.Div. bei

Gruppe Hofmann sowie der noch im Anrollen nach Laon befindlichen

24 (sächs.) Res.Div. bei Gruppe Staabs nicht zu erfolgen habe.

Bei der G r u p p e S t a a b s griff der Feind während des Vor-

mittags nicht an, so daß einige im Laufe der Nacht begonnene Ablösun-

gen noch am Tage fortgesetzt werden konnten.

Die Aufstellung der Gruppe war gegen Mittag folgende:

Front vu par les Allemands le 20 Juillet1918

154 Der Verlauf des 20. Juli.

Der 211. Inf.Div. verblieb danach an Infanterie nur noch das

Inf.Regt. 27, das bataillonsweise zwischen den Höhen nordöstlich Cuffies

und nordöstlich Crouy stand. Die Artillerie der 241. Inf.Div. war

(nördlich der Aisne) durch drei Feld- und sechs schwere, die der 11. bayer.

Inf.Div. durch sechs Feld-Batterien verstärkt worden.

Im Laufe des Vormittags nahm das Artilleriefeuer, besonders

gegen den linken Flügel der 11. bayer. Inf.Div., erheblich zu. Mehrfach

kannte die Bereitstellung starker feindlicher Kräfte in der Ploisy-Mulde

erkannt und unter Feuer genommen werden, ein Angriff kam daher nicht

zur Entwicklung. General v. S t a a b s war etwas besorgt wegen der

noch immer recht ungeklärten Lage an seinem linken Flügel; zwischen

den Stäben der 11. bayer. und der 42. Inf.Div. konnte trotz aller Be-

mühungen keine Verbindung -- auch nicht durch Funkverkehr -- her-

gestellt werden. Ungünstige Meldungen über die Lage bei der Gruppe

Watter veranlaßten das Gruppenkommando zur Verschiebung seiner

Reserve (II./67) südwärts nach Belleu, die 211. Inf.Div. mußte dafür ein

Bataillon des Regts. 27 nach Pt. Belleu in Marsch setzen.

Gegen 3.00 nachm. ging die feindliche Artillerie zu stärkstem Trommel-

feuer gegen den Gruppenabschnitt über, eine halbe Stunde später brachen

heftige von Tanks begleitete Angriffe gegen die 11. bayer. Inf.Div. los.

Der Hauptstoß richtete sich von der Courmelles Fe. auf Courmelles, gut-

liegendes Artilleriefeuer wies ihn aber restlos ab; auch an der übrigen

Front war der Angriff bald nach 4.00 nachm. im wesentlichen abgeschlagen.

Auf dem Rücken südwestlich Bercy vorgehender Feind flutete im

Granathagel in die Ploisy-Mulde zurück. Am Spätnachmittag gelang

es endlich, Verbindung mit dem Stabe der 42. Inf.Div. zu finden.

Bei der 241. Inf.Div. hatten besonders die Stellungen auf dem rech-

ten Flügel südlich der Eisenbahn starken Beschuß erhalten. Ein Ein-

bruch in die vom II./24*) besetzte Stellung südwestlich der Kirche von

Mercin-et-Vaux führte zu einer örtlichen Panik, die sich sehr rasch nach

beiden Seiten fortpflanzte, obwohl der Feind zwischen der Aisne und

der Nationalstraße (Soissons -- Rouen) überhaupt nicht angriff. Stand

hielten nur noch die zwischen der Chaussee und dem Wege Mercin-et

Vaux -- Vaux eingesetzte 2. und 3./473 sowie Teile des II. Balls., vor-

nehmlich die 8. Komp., außerdem am linken Flügel der Division das noch

80 Gewehre starke I./64 -- es stand etwa westlich des ,,V" von Vaux-

buin! --, das im Abschnitt des Regts. 64 allein noch eingesetzt war und

____________

*) Die Kampfstärke des ganzen Regts. 24 betrug noch etwa 290 Mann.

Überwundene Panik im Abschnitt der 241. Inf.Div. 155

hier alle Angriffe abschlug. Dem energischen Eingreifen des Führers

des Inf.Regts. 473, Hptms. Schulze, gelang es, die Krisis zu beseitigen.

Durch den Einsatz des südöstlich Mercin-et-Vaux in Reserve stehenden

III./473 konnte die Lücke zum I./64, in welche der tatkräftige Führer der

8./473 schon einige Patrouillen geschoben hatte, schließlich notdürftig

aus-

gefüllt und gegen wiederholte Vorstöße gehalten werden. In Mercin-et-

Vaux waren französische Patrouillen eingedrungen gewesen, doch hatte

der Feind die Gunst der Lage nicht erkannt und verabsäumt, sofort ener-

gisch nachzustoßen.

Die bei dieser Panik aus der Front zurückgegangenen Truppen

waren teils auf Kähnen, größerenteils aber über die Brücke bei Bois

Roger auf das Nordufer des Flusses gelangt. Nachdem beim Stabe der

241. Inf.Div. gegen 5.00 . erkannt worden war, daß die Stellungen

bei Mercin-et-Vaux tatsächlich noch gehalten wurden, ordnete Genmaj.

F o r t m ü ll e r Sammeln und Zurückführung der ausgewichenen Teile

in die alte Stellung an.

Die geschilderten rückläufigen Bewegungen hatten bei den höheren

Kommandobehörden den Eindruck erweckt, daß der Pariser Berg ver-

lorengegangen sei. Das Gruppenkommando beabsichtigte, das II./67

sowie das II. und III./Res. 216, welche dazu aus der Schutzstellung her-

ausgezogen wurden, zum Gegenstoß anzusetzen; außerdem wurde das

ganze Inf.Regt. 27 in Soissons versammelt. Der Gegenstoß unterblieb,

da bald nach 7.00 abds. bekannt wurde, daß die Lage bis auf örtliche Gel-

ändeverluste unverändert war. Regt. 27 wurde der 241. Inf.Div. unter-

stellt, sein III. Batl. gegen Mitternacht beim Inf.Regt. 473 eingesetzt,

gegen dessen ausgedehnte Stellung der Feind nach einstündigem Trommel-

feuer um 10.50 abds. vergeblich angerannt war. Nördlich der National-

straße rückten die am Nachmittag zurückgegangenen Truppen erst spät

nachts wieder in ihre alten Linien ein.

Auch die Stellungen der 11. bayer. Inf.Div. hatten von etwa 9.30 bis

10.30 abds. unter Trommelfeuer gelegen, ohne daß jedoch ein Angriff

erfolgte.

Bei der den rechten Flügel der G r u p p e W a tt e r bildenden

42. Inf.Div.*) kam es am Morgen des 20. Juli durch eine Verkettung

von Mißverständnissen und Reibungen zu einer kampflosen Aufgabe der

zwischen la Roche und Aconin liegenden, das Darf Berzy im Bogen

____________

*) Eingesetzte Artillerie: vierzehn Feld-, drei schwere Batterien.

156 Der Verlauf des 20. Juli.

umspannenden Stellung des Leib-Gren.Regts. 109 und Füs.Regts. 40. An-

scheinend ist bei letzterem nach der erfolgreichen Abwehr eines am frühen

Morgen von Visigneux aus gegen Aconin gerichteten feindlichen Vor-

stoßes Munitionstmangel eingetreten. Jedenfalls sind die Füsiliere auf

Grund eines Befehls der 14. Res.Div.*), über den Näheres nicht festzu-

stellen ist, gegen 8.00 vorm. bis in die Gegend südwestlich von Noyant

zurückgegangen. Zu dieser Zeit beobachtete das Gren.Regt. 109, daß sich

in den Schluchten von Ploisy und Chazelle feindliche Kräfte zum Angriff

zusammenzogen. Da sich der Regimentsführer nach dem Zurückgehen

des Füs.Regts. 40 besonders aus der Gegend von Aconin in seiner

Flanke bedroht fühlte, beschloß er, sein Regiment zurückzunehmen und die

Übergänge über den Sumpf des Crise-Baches zu sperren. Das Zurück-

gehen erfolgte unter dem Schutze von M.G.Nestern, die zunächst noch

am Westrande von Verzy zurückblieben. III./109 (ohne 12.) sammelte

sich östlich Courmelles, der Rest des Regiments setzte sich westlich und

südwestlich von Noyant fest. Währenddessen war der Feind aus der

Chazelle-Schlucht -- die Bereitstellung in der Ploisy-Mulde war wohl

durch die Batterien der 11. bayer. Inf.Div. zerschlagen worden -- vor-

gegangen, sein von Tanks unterstützter Angriff blieb jedoch etwa 800 m

südwestlich Bercy im Artilleriefeuer liegen, nur Patrouillen drangen

gegen das Dorf vor. Auch Aconin, das seit 11.15 vorm. durch eine Kom-

pagnie der M.G.Ss.Abt. 31 verteidigt wurde, blieb in der Hand der

42. Inf.Div.

Unterdessen hatte General d. Inf. Frhr. v. W a t t e r das Füs.-

Regt. 40 endgültig der 42. Inf.Div. unterstellt, die den l09ern und 40ern

befahl, wieder in die alte Linie vorzugehen, linker Flügel der Füsiliere

an der Bahn nördlich Visigneux. Das Antreten beider Regimenter kam

jedoch nur sehr langsam in Gang, in der Hauptsache erst gegen Abend.

Aber auch der Feind drängte hier nicht nach, sondern beschränkte sich

während des ganzen Tages auf starkes Artilleriefeuer. in der Dunkel-

heit konnte schließlich die Linie la Roche -- westlich Berzy -- Bahn nörd-

lich Visigneux von den Deutschen kampflos wieder besetzt werden, Po-

stierungen wurden ins Vorfeld vorgetrieben. Anschließend an das

Füs.Regt. 40 ging das schon vormittags aus der Gruppenreserve zur

Verfügung gestellte H./Res. 215 in Stellung bis zur Wegegabel nördlich

des ,,e" von Visigneux. zwischen Aconin und dieser Wegegabel hatte

____________

*) Eine neue, verhängnisvolle Folge des Gruppenbefehls vom 19. Juli

(vgl. S. 125)!

Die 20. Inf.Div. weist acht feindliche Angriffe ab.  157

schon seit der vergangenen Nacht eine Lücke geklafft, die zunächst von

keiner Befehlsstelle recht erkannt worden zu sein scheint.

Die 46. Res.Div.*) hatte sich bis zum Morgen befehlsgemäß (vgl.

S. 126) mit ihrem Res.Inf.Regt. 214 auf dem Höhenrücken nordöstlich

Charantigny festgesetzt, das Regiment fand rechts lose Verbindung mit

den das Cris-Tal sperrenden Teilen der 42. (vgl. S.126), links Anschluß

an die 20. Inf.Div. Im Zusammenhang mit den gegen die 20. Inf.Div.

gerichteten Angriffen (s. u.) trafen das am linken Flügel eingesetzte

I./Res. 214 im Laufe des Vormittags zwei Vorstöße, am Nachmittag ein

starker Tankangriff; alle konnten jedoch unter Einsatz der letzten Reserven

im Gegenstoß abgewiesen werden. Ebenso kamen mehrere Angriffe, die

aus Visigneux heraus gegen den rechten Flügel des Res.Inf.Regts. 214

unternommen wurden, im Feuer der deutschen Batterien zum Stillstand.

Die Hauptlast des Tages sollte die 20. Inf.Div.**) in ihrer Stellung

von nordwestlich Villemontoire bis etwa halbwegs Raperie -- Höhe 160

zu tragen haben. Nach einstündigem Trommelfeuer brach der erste, von

zahlreichen Tanks unterstützte Angriff los. Die tapferen Regimenter 77

und 79 wiesen ihn restlos ab, im Nachstoß gewannen die 77er sogar fünf

am Vortage verlorengegangene deutsche Geschütze zurück. Immer wie-

der rannte der Feind im Laufe des Vormittags an, namentlich gegen das

Inf.Regt. 79; aber so oft er an einer Stelle in die deutschen Linien ein-

drang, warfen ihn Gegenstöße heraus. Bis 2.00 nachm. waren insgesamt

fünf Angriffe abgeschlagen. Erneut brach der Feind um 3.00 nachm. nach

kurzer, aber äußerst heftiger Artillerievorbereitung vor, hinter Tanks

folgte die Infanterie naheauf in dichten Massen. Aber wieder mußten

die Franzosen unter starken Verlusten weichen, viele Panzerwagen blie-

ben zerschossen vor den deutschen Linien liegen. Ein gleiches Schicksal

hatte der gegen 4.30 nachm. einsetzende siebente Angriff. Zum achten

und letzten Male stürmte der Feind um 10.00 abds., abermals wurde er

restlos abgewiesen.

Glänzend hatte sich die 20. Inf.Div., namentlich auch ihr junger

Ersatz, geschlagen; die Infanterie schoß teilweise stehend freihändig in

die

anstürmenden Massen hinein. An Reserven waren noch II./77 und das

ganze Inf.Regt. 92 verfügbar.

______________

*)Verfügbare Artillerie: acht Feld--, vier schwere Batterien.

**) Mittags waren an Artillerie fünfzehn Feld- und sechs schwere

Batterien vorhanden.

158 Der Verlauf des 20. Juli.

Zwischen der 20. Inf.- und der 3. Res.Div.*) bestand halbwegs

Raperie-Höhe 160 nur lose Verbindung. Andererseits waren südlich

von Hartennes Teile des Regiments K r ä h e (1. und 4./Res. 49,

I./Gren. 110, Reste des Füs.Regts. 34 und Res.Inf.Regt. 2**)) in den

Abschnitt der Gruppe Etzel geraten. Bis über die Mittagszeit hinaus

beschränkte sich die Gefechtstätigkeit an der Front der 3. Res.Div. im

wesentlichen auf Artilleriekampf. Gegen 3.00 nachm. erfolgte indessen auch

hier nach vorausgegangenem Trommelfeuer ein starker Angriff, der sich

in der Hauptsache gegen die Stellungen hart östlich der Linie Höhen-

zahl 160 -südlich Tigny (II. und III./Res. 49, I./47***), Teile des

III./47)

richtete. Aber das außerordentlich wirkame deutsche Artillerie- und

M.G.Feuer zerschlug die Tanks und faßte die anstürmende feindliche

Infanterie. Allerdings hatte auch das Res.Inf.Regt. 49 selbst erhebliche

Verluste und alle verfügbaren Kräfte zur Abwehr einsetzen müssen.

Nach Einbruch der Dunkelheit dehnte die 20. Inf.Div. ihren Ab-

schnitt durch Einsatz des II./92 bis zum Nordrande von Tigny aus****),

so daß das Res.Inf.Regt. 49 bis auf das III. Batl. herausgezogen wer-

den konnte. Nachdem am Abend auch die südlich von Tigny eingesetzten

Teile der 3. Res.Div. von der 9. Inf.Div. überschritten worden waren

(vgl. S. 1603), konnte die 3. Res.Div. ihre Infanterie (ohne III./Res. 49)

im Walde von Hartennes sammeln. Die Division hatte jetzt nur noch

das III./Res. 49 in Front, das sich hart südlich des Westausgangs von

Tigny eingrub, sowie -- von Truppen der 10. Inf.Div. -- die in dem

Dorf selbst befindlichen wenigen Leute des I./47 und die dort am Abend

eingetroffenen 2. und 3./Pi. 5 der 10. Inf.Div.

Genlt. v. E tz e 1 war entschlossen, die ihm überwiesene 19. (sächs.)

Ers.Div. nach Möglichkeit angriffsweise zu verwenden. Der Gruppen-

befehl von 1.50 vorm. bestimmte zunächst, daß die Division um 5.00 vorm.

in drei Eingreifgruppen bereitstehen sollte: in den Waldstücken südöstlich

von Monument (Ers.Inf.Regt. 32 mit 3./Ers.Felda. 47), in der Mulde

bei Punkt 152, 1200 m östlich le Plessier Huleu, (Ers.Inf.Regt. 23 mit

1./ErS.Felda. 47) und in der Mulde zwischen Gd. Rosoy und Beugneux

_______________

*) Zwölfeinhalb Feld-, drei schwere Batterien.

**) Res.Inf.Regt. 2 war inzwischen dem Oberst Krähe Kdr. des Füs.-

Regts. 34, unterstellt worden.

***) Noch 3 Offiziere, 30 Mann stark!

****) Dies geschah auf Grund eines Gruppenbefehls, den General Frhr.

v. Watter am Mittag zur Schaffung klarer Befehlsverhältnisse für die

Gefechts-

führung erlassen hatte.

Gruppe Etzel am Morgen des 20. Juli.  159

(Ers.Inf.Regt. 24 mit 2./Ers.Felda. 47); die III./Ers.Felda. 47 sollte auf

den Höhen von Courdoux in Lauerstellung gehen. Ein etwaiges Vor-

dringen des Feindes über die Straße Hartennes -- le Plessier Huleu

hinaus war durch offensives Vorgehen unbedingt zu verhindern. Die

Versammlung der 19. Ers.Div. verzögerte sich etwas, da der 3.00 vorm.

ausgegebene Divisionsbefehl nicht so schnell durchdringen konnte.

Gruppe Etzel am Morgen des 20. Juli.

Gruppe Etzelam Morgen des 20. Juli 1918

160 Der Verlauf des 20. Juli.

Die Besetzung der Front der Gruppe Etzel am frühen Morgen des

20. zeigt die Skizze auf S.159.

Bei der 51. Res.Div. trat das Res.Inf.Regt. 210 (vgl. 5.132) am

frühen Morgen -- gegen 4.45 vorm. -- aus dem Bois du Plessier in

westlicher Richtung an, um die Linien der Division wieder bis Blanzy

vorzutreiben. Über die eigenen Stellungen auf Höhe 206 hinweg ging

der Angriff flott vorwärts. Das Regiment näherte sich gegen 5.50 vorm.

mit den vorderen Wellen bereits Blanzy, als es von einem starken, auf

breiter Front vorgetragenen feindlichen Angriff getroffen wurde.

Die beiden in vorderer Linie befindlichen Bataillone (I. und III.) waren

bald auf den nicht angelehnten Flügeln umfaßt, ein erheblicher Teil von

ihnen wurde abgeschnitten und gefangengenommen. Der Rest des Regi-

ments flutete in der Hauptsache gegen Höhe 206 bzw. auf die dort

stehenden Bataillone des Res.Inf.Regts. 234 (III. und I.) zurück, die unter

dem Druck des nachstoßenden Feindes ebenfalls ins Wanken gerieten;

gleichzeitig wurde auch das nordöstlich und östlich von St. Rémy stehende

III./Res. 235 zurückgedrängt. Zwischen Coutremain und der Straße

St. Rémy-le Plessier Huleu gingen die weichenden Bataillone der

51. Res.Div. bis an den Westrand des Bois du Plessier (III. und I./Res.

234)*) und Höhe 205 (III./Res. 235)*) zurück; weiter südlich gebot das

am Westrand von le Plessier Huleu als Rückhalt stehende I./Res. 235 dem

Feinde zunächst Halt. Die Verluste, vor allem auch an Offizieren, waren

sehr hoch, besonders beim Res.Inf.Regt. 210, von dem überhaupt erst am

nächsten Morgen Reste gesammelt werden konnten. Von den nicht an

dem geschilderten Kampf beteiligten Kräften der 51. Res.Div. behauptete

das II./Res. 234 am Nordflügel Coutremain. Am Südflügel hielt sich das

II./Res. 235 noch um 7.30 vorm. trotz der Gefährdung seiner rechten

Flanke in der Gegend südlich von St. Rémy. Nachdem aber dann auch

die 40. Inf.Div. die Höhe 190 (1 km nordöstllch Billy) geräumt hatte

(vgl. S. 1601), ging das Bataillon, dem jetzt b e i d e r seitige Um-

fassung drohte, auf die Martimpré Fe. zurück, wo bereits Teile der

Regter. 134 und 181 lagen**).

Gegen die 40. Inf.Div. waren bald nach 5.00 vorm. nach kurzer aber

heftiger Artillerievorbereitung stärkere Sturmtrupps vorgestoßen, welche

__________

*) Bei allen drei Bataillonen auch Trümmer des Res.Inf.Regts. 210.

**) Nach dem Kriegstagebuch der 51. Res.Div. ist der Entschluß zum

Zurückgehen besonders auch dadurch entstanden, daß östlich der Höhe 190

Sperr-

feuer der 40. Inf.Div. einsetzte.

Unglücklicher Kampf der 51. Res.Div.  161

die im Vorfeld stehenden Teile der 134er und 181er auf die Linie Fe. de

Fronteny -- Géramenil Fe. zurückgedrückt hatten. Daraufhin nahm auch

das Inf.Regt. 104 sein in vorderer Linie eingesetztes I. Batl. in eine

Stellung zwischen der Géramenil Fe. und Höhe 184 zurück. 6.00 vorm.

ordnete der Divisionskommandeur -- soweit festzustellen, wegen der von

ihm angenommenen Gefährdung der rechten Flanke! -- die staffelweise

Zurücknahme der Artillerie an, und zwar der Feldbatterien in die

Gegend nördlich von Gd. Rozoy, der schweren in die von Courdoux.

Bei der 40. Inf.Div. bestand der -- durchaus zutreffende! -- Eindruck,

daß der Gegner nicht mehr dieselbe Angriffskraft zeigte, wie an den

beiden vorangegangenen Tagen. Genlt. Meister erwog daher einen

Gegenangriff, der den Feind über die Linie St. Rémy -- Villy zurück-

werfen sollte. Da indessen die eigene Infanterie der Division stark mit-

genommen und zu einem Angriff nicht mehr in der Lage war, bean-

tragte die 40. Inf.Div. dazu den Einsatz der 1200 m östlich le Plessier

Huleu stehenden Eingreifstaffel der 19. Ers.Div. Die bereits geschilderte

Entwicklung der Lage bei der 51. Res.Div. ließ jedoch diese Erwägungen

nicht zur Wirklichkeit werden.

Gegen 9.00 vorm. erteilte Genlt. v. Etzel der 19. Ers.Div. den Befehl

zum Gegenangriff gegen die Linie Südostecke des Bois de Mauloy --

Südrand von St. Rémy mit den beiden vorderen Eingreifgruppen; die

dritte, zwischen Grand Rozoy und Beugneux stehende Gruppe sollte als

linke Flügelstaffel nachgeführt werden. Die eigenen Infanteriestellungen

waren -- nach kurzer Artillerievorbereitung -- 1.30 nachm. von der

19. Ers.Div. zu überschreiten, gleichzeitig hatten der linke Flügel der

10. Inf.Div., die 51. Res.Div. und die 40. Inf.Div. sich dem Angriff an-

zuschließen. Aber auch hierzu ließen es die Ereignisse nicht kommen.

Gegen die 51. Res.Div. drängte nämlich der Feind unter Einsatz

zahlreicher Tanks weiterhin heftig nach. Die Division, deren Abwehrkraft

durch die schweren Kämpfe des 19. Juli offenbar schon erheblich gelitten

hatte, gab unter der Wucht des gegen sie gerichteten Stoßes stellenweise

nach. Während sich III. und I./Res. 234, unterstützt durch überhöhendes

Feuer der auf der Höhe östlich Coutremain eingesetzten bayer. Geb.M.G.-

Abt. 208, am Westrande des Bois du Plessier behaupten konnten, flutete

der feindliche Angriff über die vom III./Res. 235 (das Bataillon hatte nur

noch einen einzigen Offizier!) verteidigte Höhe 205 hinweg, um dann von

hier aus in den Südteil des Bois du PIessier Huleu vorzustoßen; das

südlich anschließende I./Res. 235 wurde aus le Plessier Huleu geworfen

und bis halbwegs nach ,,Ston." zurückgedrängt. Beide Bataillone waren

162 Der Verlauf des 20. Juli.

bei diesem Kampf sowie dem Zurückgehen völlig durcheinanderge-

kommen und miteinander vermischt.

In dieser Lage blieb dem Gruppenkommando nichts anderes übrig,

als um 9.50 vorm. das sofortige Antreten der 19. Ers.Div. zum Gegenstoß

zu befehlen; eine Artillerievorbereitung konnte nicht abgewartet werden.

Der Divisionskommandeur, Genmaj. G a r k e , wies die 45. Ers.Brig.

an, mit den Ers.Regtern. 32 und 23 in erster Linie anzutreten. Ers.Inf.-

Regt. 24 sollte links rückwärts gestaffelt folgen; die Regimenter wurden

für den Angriff der 51. Res.Div. unterstellt. Das Pi.Batl. blieb als

Reserve der 19. Ers.Div. in Launoy, die -- inzwischen eingetroffene --

II. jowie die III./Ers.Felda. 47 hatten das Vorgehen der Infanterie aus

Stellungen westlich Launoy und südwestlich Courdoux zu unterstützen.

Der von den Begleitbatterien wirksam unterstützte Stoß der Ers.-

Regter. 32 und 23 traf gegen 12.00 mitt. den noch nicht fertig zur Ab-

wehr gegliederten Feind, der aber seinerseits bald zu starken, von Tanks

begleiteten Gegenangriffen überging. in hartem Kampfe nahm Regt. 32

die Höhe 205; auf seinem rechten Flügel schlossen sich das III. und

I./Res. 234 an, beide Bataillone gingen südlich von Coutremain wieder

über den von Tigny nach le Plessier Huleu führenden Weg vor. Sehr

verlustreich gestaltete sich der Sturm des Ers.Inf.Regt. 23 auf das mit

zahlreichen M.G.Nestern besetzte und auf einem glacisartig abfallenden

Höhenzuge gelegene le Plessier Huleu; nach erbittertem, wechselvollem

Ringen behaupteten die 23er am Nachmittag schließlich das Dorf. Auch

III. und I./Res.235 hatten sich befehlsgemäß dem über sie hinweggehenden

Angriff anschließen sollen; da diese beiden Bataillone aber nach der An-

sicht des Regimentskommandeurs nur noch eine führerlose, unzusammen-

hängende Masse ohne den geringsten Kampfwert darstellten, wurden sie

bei ,,Ston." (östlich le Plessier Huleu) gesammelt. Längs der Straße

Hartennes -- Wegekreuz westlich Grand Rozoy setzte die 51. Res.Div. die

ihr zugeführten M.G.Ss.Abtlgn. bayer. 2 und 29 als Artillerieschutz ein.

Schon ehe die 19. Ers.Div. zum Gegenstoß angetreten war, hatte ein

neuer feindlicher Angriff den rechten Flügel und die Mitte der 40. Inf.-

Div. weiter zurückgedrückt, Fe. de Frontenoy, Matimpré Fe. (hier focht

neben Teilen der Regter. 134 und 181 auch das II./Res. 235) und Géra-

menil Fe. waren verlorengegangen. Dagegen hatte sich das I./104 in der

Linie Höhe 193 (östlich Géramenil Fe.)-Höhe 184 gegen wiederholte An-

griffe behaupten können. Dem Gegenstoß der 19.Ers.Div. schlossen sich Teile

des rechten Flügels der 40. Inf.Div. an; andererseits gingen aber auch

Der Gegenangriff der 19. Ers.Div. 163

die Franzosen hier erneut zum Angriff über. Mit wechselndem Erfolg

wogte der Kampf zwischen le Plessier Huleu und Höhe 193 hin und her,

die Matimpré Fe. konnte in den ersten Nachmittagsstunden zurückerobert

werden.

Der Angriff der 19. Ers.Div. war somit trotz aller Bemühungen der

braven sächsischen Ersatz-Regimenter in der Linie Höhe 205 -- hart west-

lich le Plessier Huleu steckengeblieben. Auch nach Aufhören der feind-

lichen Gegenstöße gelang es trotz starken Drängens des Gruppenkomman-

dos Etzel nicht, die Vorwärtsbewegung wieder in Fluß zu bringen.

Die am Vormittag bei der Gruppe Etzel eingetretene Krise hatte das

A.O.K. 7 gegen 9.00 vorm. veranlaßt, die als Reserve der Gruppe Watter

im Raume Nampteuil-Sous Muret -- Serches -- Violaine liegende 9. Inf.-

Div. der Gruppe Etzel zu unterstellen und diese anzuweisen, die 9. Inf.-

und die 19. Ers.Div. zu einem einheitlichen Gegenangriff über die Linie

Tigny -- St. Rémy in der allgemeinen Richtung auf Villers Hélon anzu-

setzen. Da indessen die Entwicklung der Lage bereits vor Eintreffen des

Armeebefehls Genlt. v. Etzel zum Einsatz der 19. Ers.Div. gezwungen

hatte, war ein g l e i ch z e i t i g e r Angriff der beiden Divisionen

nicht

mehr möglich.

Der Kommandeur der 9. Inf.Div.*), Genmaj. W e b e r , stellte seine

Division bei Droizy, Launoy und les Crouttes bereit, Felda.Regt. 5 hatte

auf den Höhen westlich Droizy-Launoy in Lauerstellung zu gehen.

Die Bereitstellung der von den Anmärschen der letzten Tage schwer

ermüdeten Truppen**) konnte bis 2.00 nachm. durchgeführt werden. Kurz

zuvor war der Gruppenbefehl für den Angriff eingetroffen: die Division

hatte mit starkem linkem Flügel zwischen Tigny (ausschl.) und Coutre-

main (einschl.) in westlicher Richtung vorzugehen. 6.00 abds. trat die

9. Inf.Div., die den Befehl über alle in ihrem Angriffsabschnitt stehen-

den Truppen übernahm, aus der Linie Neuville St. Jean -- Monument

zum Angriff an, Inf.Regt. 19 und Gren.Regt. 7 in vorderer Linie, Inf.-

Regt. 154 zwischen Droizy und Neuville St. Jean in Reserve. Wie ver-

schiedene Äußerungen der Infanterie besagen, war sowohl die eigene

____________

*) Die 9. Inf.Div. war vollkampfkräftig, ihre Bataillons-Feldstärken

be-

trugen durchschnittlich 6088 Mann. Die Division war in der ersten Juniwoche

aus der Front gezogen worden, bis zum 18. Juni Eingreifdivision bei der

1. Armee gewesen und hatte dann zur Ruhe und Ausbildung im Etappen-

gebiet gelegen. An dem Angriff am 15. Juli war sie als Division des II.

Treffens

bei der 1. Armee beteiligt gewesen, aber nicht zum Einsatz gelangt.

**) Die bespannten Formationen der 9. Inf.Div. hatten z. T. überhaupt

erst

um 9.00 vorm. ihre Biwaksplätze erreicht.

164 Der Verlauf des 20. Juli.

Artillerieunterstützung wie auch andererseits die artilleristische Gegen-

wirkung verhältnismäßig schwach, desto stärker aber das Feuer der

französischen Maschinengewehre. Die Bataillone der 9. Inf.Div. konnten

sich daher nur mühsam vorarbeiten, immerhin blieb der Angriff bis nach

8.30 abds. im Fluß. Am Osthange der Höhe zwischen Tigny und Parcy-

Tigny blieb dann das Regt. 19, auf der Höhe etwa 500 m westlich des

Weges Tigny -- Coutremain auch das Gren.Regt. 7 in starkem fron-

talem sowie -- infolge Abhängens der Nachbarn -- auch flankierendem

M.G.Feuer liegen; es gelang nicht, die Höhen beiderseits Parcy-Tigny

zu nehmen.

Die 19. Ers.Div., deren Kommandeur den Befehl über seine Inf.-

Regimenter wieder übernommen hatte*), erhielt am Nachmittag die

Weisung, sich dem Angriff der 9. Inf.Div. anzuschließen. Es dauerte in-

dessen geraume Zeit, bis der Befehl zur Truppe durchgedrungen war,

schon die 45. Ers.Brig. erhielt ihn erst um 5.45 nachm. Zur energischen

Durchführung des Angriffs stellte der Brigade-Kommandeur, Genmaj.

Apel - Pusch, dem Ers.Inf.Regt. 23, das schwere Verluste, nament-

lich auch an Offizieren, gehabt hatte, ein Bataillon des hinter dem linken

Flügel der Division am Wegekreuz westlich Grand Rozoy stehenden Ers.-

Inf.Regts. 24 zur Verfügung. Ein weiteres Bataillon dieses Regiments

wurde auf dem linken Flügel südlich le Plessier Huleu eingesetzt, um

eine zur 40. Inf.Div. hin bestehende Lücke zu schließen. Aber wieder

gelang es infolge starker Gegenwirkung, besonders der französischen

Maschinengewehre, der 19. Ers.Div. nicht, ihren Angriff über die Linie

Höhe 205 -- hart westlich le Plessier Huleu hinaus vorzutragen. Etwa

von 7.00 abds. ab setzten zudem neue, von Tanks begleitete Angriffe des

Feindes aus St. Rémy gegen le Plessier Huleu ein, die jedoch von den

Ers.Regtern. 23 und 24, von ihren Begleitbatterien (1. und 2./Ers.-

Felda. 47) vortrefflich unterstützt, abgewiesen wurden. Alles in allem

hatte die zum erstenmal in einen Großkampf eingesetzte 19. (sächs.) Ers.-

Div. diese schwere Feuerprobe gut bestanden.

Auch der rechte Flügel der 40. Inf.Div. -- dabei bei Martimpré Fe.

das vorerwähnte Bataillon des Ers.Inf.Regts. 24 -- hatte sich dem Vor-

gehen anzuschließen gesucht; es gelang ihm, sein Vorfeld bis zur Fron-

teny- und Géramenil Fe. vorzuschieben.

Am rechten Flügel der Gruppe Etzel auf der Höhe südlich Hartennes

war es erst gegen 3.00 nachm. im Zusammenhang mit den feindlichen An-

______________

*) Die 19. Ers.Div. als solche blieb aber zunächst noch der 51.

Res.Div.

unterstellt.

Der Gegenangriff der 9. Inf.Div. 165

griffen gegen Villemontoire -- Tigny zu Infanteriekämpfen gekommen,

der Gegner konnte aber durch das neu eingesetzte II./47 und Teile des

Regiments Krähe glatt abgewiesen werden. Inf.Regt. 398*) und das

Batl. Gren. 6 wurden tagsüber mehrfach hin und her gezogen, am

Abend schließlich im Walde von Hartennes bereitgestellt.

Gegen 9.30 abds. konnte das Gruppenkommanbo übersehen, daß der

eigene Gegenstoß zwar überall zum Stehen gekommen, andererseits aber

auch die wiederholten Massenangriffe des Gegners unter schweren Ver-

lusten für ihn abgewehrt worden waren. Da eine Wiederaufnahme des

eigenen Vorgehens am nächsten Morgen wenig Erfolg versprach, befahl

Genlt. v. Etzel den Übergang zur Verteidigung, die Truppe hatte sich

zur Abwehr zu gliedern. Die noch vorn eingesetzten Infanterieteile der

10. Inf.- und 51. Res.Div. waren als Reserven zu sammeln. Als

Gruppenreserve wurde Inf.Regt. 154 bestimmt, das nach Courdoux

rücken sollte. An der Front dauerten stellenweise heftige örtliche Kämpfe,

besonders westlich und südwestlich von le Plessier Huleu, bis spät in die

Nacht hinein an.

Bereits um 3.30 vorm. war beim Stabe der auf dem Südflügel der

G r u p p e W i n ck 1 e r eingesetzten 33. Inf.Div. eine (1.50 vorm. abge-

gangene) Meldung des Inf.Regts. 130 eingegangen, daß sich im Alland-

Grund nordwestlich Sommelans feindliche Infanterie und Tanks bereit-

stellten. Die deutschen Batterien hatten daraufhin Vernichtungsfeuer auf

diesen Raum gelegt. Nachdem sich dann von 4.00 vorm. an auch das feind-

liche Artilleriefeuer stellenweise gesteigert hatte, brach nach 5.00 vorm.

die französische Infanterie, auch heute wieder unterstützt von zahlreichen

Tanks, zum Angriff vor.

Bei der 10. bayer. Inf.Div. in Linie Höhe 172 -- Mühle südöstlich

Rozet wurde der Feind -- teilweise im Gegenstoß -- abgewiesen. Sehr

lästig war hier das Eingreifen tieffliegender Bombenflugzeuge, von

denen eins durch M.G.Feuer erledigt werden konnte.

Schwere, wechselvolle Kämpfe entbrannten dagegen bei der 45. Res.-

Div.; das Res.Inf.Regt. 211 verlor die Höhe 115 (südöstlich Vichel), ver-

mochte aber Nanteuil dank der wirksamen Feuerunterstützung vom

Nordufer des Ourcq durch die M.G.Kompagnien der bayer. Res.Regter.

6 und 8 zu halten. Beim Res.Inf.Regt. 212 drang der Feind über Tré-

ville vor. Der 7.30 vorm. angesetzte Gegenstoß der Divisionsreserve,

___________

*) Inf.Regt. 398 hatte 19 Offiziere, 319 Mann gesammelt.

166 Der Verlauf des 20. Juli.

III./Res. 211 und I./Res. 212, brachte sein Vordringen vorübergehend zum

Stehen, Teile gingen sogar auf Tréville zurück. Schließlich mußten aber

die Res. 212er auf das Ostufer des Wadonbaches nördlich le Chêne Fe.

ausweichen, Postierungen blieben im Grunde.

Von der 33. Inf.Div., deren rechter Flügel 700 in Südlich Höhe 166

lag, standen I. und III./98 sowie II. und I./130 in vorderer Linie. Das

durch Verluste schon stark geschwächte II./130 auf der Höhe 180 (1 km

nördlich Sommelans) schien besonders gefährdet, die 66. Inf.Brig befahl

daher 5.30 vorm. dem als Brigadereserve nördlich von la Croix stehenden

II./98, nach der Triange Fe., d. h. hinter die Front des Regts. 130, zu

rücken. Der unmittelbar danach vorbrechende feindliche Angriff nahm

jedoch nicht den erwarteten Verlauf. Während nämlich das inzwischen

bereits durch eine Kompagnie (12.) der Regimentsreserve verstärkte II.

sowie im allgemeinen auch das I./130 ihre Stellungen halten konnten,

mußte beim Inf.Regt. 98 zunächst das vom Gegner rechts umfaßte

I. Batl. unter schweren Verlusten -- besonders auch an Gefangenen --

über den Wadon-Bach weichen, der Feind drang in den Latilly-Wald

ein. III./98 suchte sich 7.00 vorm. durch einen Gegenstoß der in zweiter

Linie stehenden 11. und und 12. Komp. Luft zu schaffen, mußte dann

aber ebenfalls über den Wadon-Bach zurück; ein Teil der zäh aus-

haltenden 10. Komp. geriet in Gefangenschaft. Ein 8.55 vorm. dem

Regiment 98 erteilter Befehl, seine Stellung wiederzunehmen, erwies

sich als völlig unausführbar, auf den Höhen nordwestlich la Croix

mußten die stark mitgenommenen Bataillone zunächst gesammelt werden.

Der Feind richtete nun neue Vorstöße gegen das Inf.Regt. 130, doch

vermochte dieses auch weiterhin die Höhe 180 gegen beiderseitige Um-

fassungsversuche zu behaupten. Das dem Regiment zugeteilte II./98

wurde an die Hänge westlich von Latilly vorgezogen, wo es eine Defen-

sivflanke gegen den Wald bildete. Die 33. Inf.Div. stellte 9.40 vorm.

dem Brigadekommandeur, Oberst v. W itt i ch, das III./135 sowie

die M.G.Ss.Abt. 43 zur Verfügung; das Bataillon wurde in das Wald-

stück nordöstlich von la Croix vorgeführt. I. und II./135 blieben als

Gruppenreserve im Grunde zwischen Nanteuil und la Poterie.

Wenn auch das auf dem rechten Flügel der 10. bayer. Inf.Div.

stehende Res.Inf.Regt. 236 seine Stellung auf der Höhenlinie Punkt 184

(hier Anschluß an 40. Inf.Div.) -- Punkt 172 gegen wiederholte Angriffe

hatte halten können, so schien die Entwicklung der Lage bei der Gruppe

Etzel doch auch für den rechten Flügel der Gruppe Winckler bedrohlich.

General v. Winckler entschloß sich daher, die seit 6.00 vorm. aus der

Gegend

Schwere Kämpfe der Gruppe Winckler. 167

von la Croix im Abmarsch in den Raum Bois d'Arcy -- Givray -- les

Crouttes befindliche 78. Res.Div. anzuhalten und eine Aufnahmestellung

in Linie Südostecke von Gd. Rozoy -- 180 (Butte Chamont Sal.) besetzen

zu lassen. Der diesbezügliche Befehl traf um 11.00 vorm. bei der Division

ein. Die noch im Marsche befindlichen Regimenter wurden daraufhin

abgedreht; der Divisionskommandeur behielt das Res.Inf.Regt. 259 mit

einer Abteilung des Res.Felda.Regts. 62 bei Givray -- Trugny zu seiner

Verfügung. Die gewählte Stellung hatte den Vorteil, daß in ihr das

Hindernis der ,,2. Pariser Stellung" teilweise ausgenutzt werden konnte.

Neue starke Angriffe setzten um die Mittagszeit ein. Den in Gd.

Ménil eingedrungenen Feind warf die 10. bayer. Inf.Div. wieder her-

aus; auf Höhe 172 dagegen konnte sich der Franzose schließlich festsetzen,

doch wurde der Osthang behauptet. Hier fochten das III. und Teile des

I./Res. 236 sowie das I./bayer. 16. 12.30 nachm. drang der Feind trotz

flankierendem M.G.Feuers der Bayern vom Nordufer des Ourcq in

Nanteuil-sur-Ourcq ein, das Res.Inf.Regt. 211 mußte gegen 2.00 nachm.

unter schweren Verlusten vor dem nachstoßenden Gegner auf das Ostufer

des Wadon-Baches weichen. Mit zusammengerafften Kräften ihrer Pio-

niere und des Res.Inf.Regts. 8 sicherte die 10. bayer. Inf.Div. ihre linke

Flanke nördlich des Ourcq.

Unterdessen war am Südflügel der Gruppe Winckler die Lage auf

Höhe 180 immer schwieriger geworden, auf dem Südhang der Höhe

bröckelte das I./130 mehr und mehr ab. Der angesichts dieser Lage vom

Regimentskommandeur gegebene Befehl zum Zurückgehen auf die Höhen

zwischen Latilly und l'Halloudray Fe. erreichte das II./130 nicht mehr;

das brave Bataillon behauptete noch stundenlang seine Stellung, auch

nachdem sein tapferer Führer, Hptm. d. R. Ehlers, gefallen war. Bei

einem neuen, durch Tanks unterstützten Angriff gegen 5.30 nachm. wurde

es aber völlig umfaßt, seine Reste fielen nach erbitterter Gegenwehr

nahezu restlos in Gefangenschaft. Auf den Höhen östlich des Wadon-

Baches südlich le Chêne Fe. bildete II./98 gemeinsam mit den inzwischen

wieder gesammelten Teilen des I. und III. Batls. eine neue Front;

I./130, zu dem abends Teile des III. Batls. vorgezogen wurden, hielt

sich auf den Höhen bei Triange Fe., Postierungen standen im Waldstück

südöstlich Latilly.

6.00 abds. schritt der Feind nach halbstündiger Artillerievorbereitung

gegen die 10. bayer. Inf.Div.*) erneut zum Angriff, der aber teils im

______________

*) Nach einer Meldung der 10. bayer. Inf.Div. betrugen am Nachmittag

des 20. die Gefechtsstärken der bayer. Regimenter durchschnittlich noch 150

Mann

(außer M.G.K.). Es waren nur noch wenige leichte, dagegen verhältnismäßig

viele schwere Maschinengewehre vorhanden, die M.G.Kompn. bestanden noch

großenteils. Für das 16. bayer. Inf.Regt. können diese Zahlen allerdings

nicht

zutreffen, die Gesamtstärke des III./16 (ohne M.G.K.) wird an anderer

Stelle

mit 11 Offz., 468 Mann angegeben. Es waren daher wohl sehr viele Leute

versprengt.

168 Der Verlauf des 20. Juli.

M.G.- und Artl.Feuer, teils im Gegenstoß blutig scheiterte, das

III./Res. 236 gewann dabei sogar die Höhe 172 zurück. Den gleichen

Verlauf nahm ein französischer Angriff gegen die 45. Res.Div. zwischen

7.00 und 8.00 abds. Nach Abschluß der Kämpfe stand die Gruppe Winckler

in der Linie Höhe 184 -- 172 und Hang südlich davon -- Gd. Ménil --

Höhen östlich des Wadon-Baches bis südlich Triange Ft.

Gegen die 4. Ers.Div. der G r u p p e S ch o e 1 e r*) war der Feind

am Morgen -- zur gleichen Zeit wie gegen Gruppe Winckler -- nach

vorangegangenem Trommelfeuer tiefgegliedert und von Tanks begleitet

zum Sturm geschritten. Westlich Monthiers (d. h. am Südflügel der

4. Ers.Div.) schlug das Inf.Regt. 360 den Angriff ab. Dagegen mußten

westlich von Sommelans und auf dem zur Höhe 184 hinaufziehenden

Hange die Reste des Regts. 361 und das I./3. G. dem Drucke nachgeben

und etwas ausweichen, sie bildeten am Ostrande von Sommelans und

hart westlich der Straße Sommelans -- Bonnes eine neue Front. Über

den Südosthang der Höhe 184 hinweg blieb der Zusammenhang mit dem

Inf.Regt. 362 gewahrt. Einigen vorgeschobenen deutschen Batterien

glückte es, feindliche Kolonnen, die nördlich le Remise sehr unvorsichtig

und völlig ungedeckt vorgingen, mit direktem Schuß zu fassen, unter

schwersten Verlusten flutete der Gegner, der dann auch noch von deut-

schen Maschinengewehren gefaßt wurde, zurück. Ein Befehl zum Nach-

stoßen kam nicht zur vollen Auswirkung, da der Gegner inzwischen

weiter südlich nach einem heftigen Feuerschlag in das Wäldchen östlich

Pétret eingedrungen war; ein entschlossener Gegenstoß der 2./362, unter-

stützt durch Teile der 5. Komp., warf jedoch bald den Feind bis über die

Höhe 169 zurück und brachte 37 Gefangene sowie sechs l. M.G. ein. An

die Naht zur 33. Inf.Div. nordöstlich l'Halloudray Fe. wurden das II.

und III./20 vorgezogen, später das F./3. G. im Anschluß an das I. Batl.

dieses Regiments am Wege Sommelans -- Bonnes eingesetzt.

Ein weiterer Angriff gegen die Gruppe Schoeler erfolgte am Vor-

mittag nicht; von Sommelans bis südöstlich Bouresches lagen jedoch

____________

*) Eingesetzte Artillerie: 4. Ers.Div.: 21 Feld-, 6 schwere, 87.

Inf.Div..

19 Feld-, 5 schwere, 201. Inf.Div.:18 Feld-, 6 schwere Batterien.

Abwehrerfolge der Gruppe Schoeler. 169

die deutschen Stellungen unter starkem Artilleriefeuer. Da das Gruppen-

kommando seine letzte Reserve, das II./Elis., bereits am Morgen der

4. Ers.Div. zur Verfügung gestellt hatte, erhielt gegen Mittag die 201.

Inf.Div. Befehl, zwei Bataillone (III./401 und I./402) als Gruppen-

reserve in die Gegend der Fe. de la Prairie zu schieben.

Gegen 2.00 nachm. setzten neue Angriffe ein, die sich allmählich immer

weiter nach Süden ausdehnten. Mit besonderer Erbitterung wurde um

das Wäldchen östlich Pétret, um Monthiers und die Höhe südlich davon

gekämpft. Monthiers wurde gehalten, obgleich die eigene Artillerie in-

folge irriger Meldungen Sperrfeuer auf die Ostseite des Ortes legte;

die zunächst verlorene Höhe südlich des Schloßparkes gewannen die

347er unter Einsatz der letzten Regimentsreserven zurück. Weiter südlich

scheiterten alle Angriffe, besonders vor der 87. Inf.Div. hatte der Feind

sehr hohe Verluste.

Durch das Zurückgehen der 33. Inf.Div. war aber am Nachmittag

eine Zurücknahme auch der 4. Ers.Div. unerläßlich geworden. Auf einen

entsprechenden Gruppenbefehl hin wich daher die Division, am rechten

Flügel beginnend, zwischen 3.00 und 6.00 nachm. unter Zurücklassung eines

dünnen Schützenschleiers in die Linie l'Halloudray Fe. -- Westrand von

Bonnes -- Höhe 145 -- Westrand von Monthiers aus; die Bewegung ge-

lang ohne besondere Verluste.

An der Marnefront hatte der Gegner die Räumung des Südufers

durch die Deutschen nirgends bemerkt, er begann in den Morgenstunden

die verlassenen Stellungen und das Gelände bis zur Marne hin heftig

zu beschießen. Erst nach einiger Zeit fühlten in den bisherigen Ab-

schnitten der 36. Inf.-, 6. bayer. Res.-, 23. und 200. Inf.Div. feindliche

Patrouillen vorsichtig bis zum Fluß hin vor, zwischen der Clos Milon Fe.

und Oeully schritten die Franzosen sogar zwischen 9.00 und 10.00 vorm.

nach kräftiger Artillerievorbereitung, teilweise unter Einsatz von Tanks,

zum Angriff. Hier wurden erst um 1.30 nachm. die ersten feindlichen Ab-

teilungen an der Marne festgestellt.

In den neuen Stellungen nördlich des Flusses standen zunächst

Teile sämtlicher bisher auf dem Südufer eingesetzt gewesenen Divi-

sionen. Als Stellungsdivisionen waren indessen hier nur die 10. Landw.-

Div. bei Gruppe K a t h e n , 6. bayer. Res.- und 1. Garde-Inf.Div.*)

bei Wichura und die 37. Ins.- und 10. Res.Div. bei

_______________

*) Die 1. Garde-Inf.Div. hatte seit dem 15. Juli insgesamt 62

Offiziere und

1911 Mann verloren.

170 Der Verlauf des 20. Juli.

Gruppe C o n t a vorgesehen. Auf dem linken Flügel der letzteren stand

außerdem noch die 2. Garde-Inf.Div., welche im Zusammenhang mit

der Räumung des südlichen Marne-Ufers ihre Hauptwiderstandslinie

etwas zurückgenommen hatte. Bei Gruppe Wichura sollte nach einigen

Tagen dann auch die 1. Garde-Inf.Div. herausgezogen und als Reserve

bereitgestellt, ihr Abschnitt von der 6. bayer. Res.Div. mit übernommen

werden. Die als Stellungsdivisionen bestimmten Divisionen übernahmen

schon am Morgen -- die 10. Landw.Div. erst am Nachmittag -- des

20. Juli den Befehl in ihren Abschnitten. Von den ausgesparten Divi-

sionen sammelten sich die 36. Inf.Div. In den Wäldern östlich Epieds

und la Logette Mon., die 23.*) um Sergy und Courmont, die 200.**)

bei Chamery, Cierges, Ronchères sowie im Westteil des Bois Meunière

und die 113. bei Coulonges, Vezilly und Arcy-le Ponsart; die letztere

wurde bereits am Nachmittag als Armeereserve mit Kraftwagentrans-

port in die Gegend nördlich Ville-en Tardenois befördert. Die 36. Inf.-

Div. wurde durch einen Armeebefehl von 10.30 vorm. der Gruppe

Schoeler unterstellt; die 23. und -- später -- 1. Garde-Inf.Div. waren

als Gruppenreserve für Gruppe Kathen, die 200. zum Abtransport in

das Etappengebiet bestimmt.

Die Kampftätigkeit blieb während des ganzen Tages an der Marne-

front gering, im Laufe des Nachmittags wurde das feindliche Artillerie-

feuer allmählich stärker. Am linken Flügel der Gruppe Conta wurde

die 2. Garde-Inf.Div. um 12.30 nachm. im Marnetal bei Reuil ange-

griffen. Der Feind drang in das Vorfeld ein, konnte aber im Gegenstoß

vom Regt. Franz (2. Garde-Gren.Regt.) wieder geworfen werden. Süd-

östlich Venteuil schlugen die Franzosen eine Brücke über die Marne.

Zwischen der Marne und Reims, in dem zerklüfteten Reimser Berg-

wald, setzte am Vormittag des 20. Juli der erwartete feindliche Angriff

ein. Nach kurzer, aber außerordentlich heftiger Artillerievorbereitung

brachen gegen 10.00 vorm. französische und britische Divisionen gegen die

Front der Gruppen Schmettow und Borne vor.

Bei der Gruppe Schmettow waren noch immer die gleichen

___________

*) Die Gefechtsstärken betrugen beim Leib-Gren.Regt. 100: 300 Mann,

beim Gren.Regt. 101: 840 Mann, beim Schützen-Regt. 108: 800 Mann.

**) Die Gesamtverluste der 200. Inf.Div. vom 15. -- 20.7. betrugen

(einschl.

zugeteilter Truppen): 85 Offiziere, 2825 Mann, 826 Pferde. Die drei Jäger-

Regter. der Division hatten allein 72 Offiziere, 2276 Mann verloren, ihre

Ge-

fechtsstärke am 20. war: Jäg.Regt. 3: 452, Jäg.Regt. 4: 216, Jäg.Regt. 5:

etwa

150 Gewehre. Das Felda.Regt. der 200. Inf.Div. (22.) hatte durchschnittlich

noch

zwei Geschütze je Batterie feuerbereit.

Starke feindliche Angriffe zwischen Marne und Reims. 171

Divisionen eingesetzt, welche bereits die ganze Last der schweren Angriffs-

kämpfe vom 15. bis 17. Juli getragen hatten: im Königswalde die 195.,

bei Grand Pré -- Belval die 12. bayer., östlich Paradis im Courton-

Walde die 22. und daran anschließend bei Espilly die 103. Inf.Div. Zu

ihrer Stützung hatte Genlt. Graf v. Schmettow je ein Infanterie-Regi-

ment der 28. (bad.) Res.Div. (Gruppenreserve) hinter die 195., 12. bayer.

und 103. Inf.Div. geschoben, bei der 12. bayer. Inf.Div. war ein

badisches Bataillon (I./Res. 110) in vorderer Linie eingesetzt. Bei der

G r u p p e B o r n e hatte in der Nacht vom 19./20. Juli die Ablösung

der stark mitgenommenen 123. (sächs.) durch die 50. Inf.Div. begonnen,

zwei Infanterie-Regimenter dieser Division (39. und 53.) standen im

Reimser Wald und bei Cuitron.

Von der 195. Inf.Div. wurde im wesentlichen nur der linke Flügel,

Jäg.Regt. 14, von dem feindlichen Stoß getroffen. Hier sowie bei der

anschließenden 12. bayer. Inf.Div. hatten die Angreifer, weiße und far-

bige Franzosen, keinerlei Erfolg. Unter schweren Verlusten fluteten ihre

Bataillone zurück, selbst die Vorfeldlinie konnte von den Deutschen rest-

los gehalten werden.

Wesentlich schwerer und wechselvoller war der Kampf bei der 22.

und 103. Inf.Div., welche die Hauptwucht des feindlichen Stoßes auszu-

halten hatten. An der Front der 22. Inf.Div. überrannten die hier an-

greifenden Franzosen und Schotten die Reste der bereits durch das

Artilleriefeuer größtenteils erledigten Vorfeldbesatzung. Mit großer

Wucht brandeten die Sturmkolonnen gegen die Hauptwiderstandslinie

an. Während das auf dem rechten Flügel der Division eingesetzte Inf.-

Regt. 167 die sich immer wiederholenden Angriffe vor dieser Stellung

abschlagen konnte, drang der Gegner auf dem linken Flügel in die

Hauptwiderstandslinie ein, durch die geschlagene Bresche stießen die

feindlichen Massen nach Westen vor. Durch einen Gegenstoß des Re-

servebataillons (II.) des Regts. 167 sowie zweier Bataillone des Res.-

Inf.Regts. 111 I. und III.) konnte aber der Angriff der Franzosen und

Briten im Walde nordöstlich von La Neuville aufgefangen werden. Nach

Einsatz zweier weiterer Bataillone (I. und III./83) gelang es, den Geg-

ner allmählich wieder zurückzudrängen. Schließlich gewann in den

Abendstunden ein kräftiger deutscher Angriff die H.W.L. und einen Teil

des Vorfeldes zurück. Auch bei der 103. Inf.Div., deren Front von den

Regtern. 71 und Res. 116 besetzt war, wurde die Vorfeldbesatzung überall

glatt überrannt. Die H.W.L. aber konnte das Inf.Regt. 71, verstärkt

durch zwei Bataillone des Regts. 32, in heißem Kampf halten. Beim

172 Der Verlauf des 20. Juli.

Res.Regt. 116 drang der Gegner allmählich bis Espilly vor, die sich tapfer

wehrenden Kompagnien wurden beiderseits umfaßt und teilweise ab-

geschnitten. Schließlich gelang es aber unter Einsatz von Teilen des

II./Res. 111 (28. Res.Div.) auch hier, den Feind zurückzuwerfen und

die Hauptwiderstandslinie sowie den größten Teil des Vorfelds wieder-

zunehmen.

Bei der Gruppe Borne wurde der rechte Flügel der 123. (sächs.)

Inf.Div. etwas zurückgedrückt; hier gingen Bullin sowie Marfaux ver-

loren und auch bei Cuitron konnte der Gegner etwas Boden gewinnen.

Sofort einsetztende Gegenstöße warfen den Feind aber wieder zurück,

im allgemeinen gelang es, die alte Stellung wieder zu erreichen. An-

griffe gegen das Bois de Reims wurden von den hier stehenden Regi-

mentern der 50. Inf.Div. unter schweren Verlusten für den Feind ab-

geschlagen. Weiter nördlich, im Abschnitt der 86. Inf.Div., stießen fran-

zösische Kolonialtruppen über Bouilly vor, es gelang ihnen, durch Um-

fassung den Wald südlich von St. Euphraise sowie diesen Ort selbst zu

nehmen. Gegenstöße blieben hier erfolglos. Am Abend wurde der

86. Inf.Div. ein Infanterie-Regiment der als Eingreifdivision hinter der

Gruppe Borne bereitgestellten 8. bayer. Res.Div. vorübergehend zur

Verfügung gestellt.

Der französisch-englische Angriff zwischen der Marne und Reims

war somit an diesem Tage restlos gescheitert. Der Gegner hatte überall

schwere Verluste erlitten; allerdings waren auch die eigenen nicht ge-

ring, besonders bei der 22. und 103. Inf.Div., deren Regimenter die

äußerste Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht hatten. Es konnte nicht

zweifelhaft sein, daß mit einer Erneuerung der feindlichen Angriffe auch

an diesem Frontabschnitt zu rechnen war.

* *

*

Mit dem Eintreffen starker Reserven -- über die sich allerdings

das Heeresgruppenkommando die Verfügung vorbehalten hatte! -- hin-

ter der Front (vgl. S.152/153) verlor im Laufe des 20. Juli die Lage

der 9. Armee wesentlich an ihrer bisherigen Spannung. Wenn der Ober-

befehlshaber, General d. Inf. v. E b e n, auch noch immer mit einem

Übergreifen der Offensive auf das Nordufer der Aisne rechnen mußte,

So beschränkten sich die Angriffe des Gegners einstweilen doch mehr und

mehr auf den Südlichen Teil der Gruppe Staabs. Hier blieb allerdings

die Gefahr einer Krise nach wie vor bestehen, wog doch an der Kampf-

Befehl zum Beginn der Abflachung des Stellungsbogen 173

front unmittelbar westlich und südwestlich von Soissons jeder Boden-

gewinn, den der Feind erzielte, besonders schwer. Das A.O.K. 9 schlug

daher vor, die eigenen Stellungen durch Angriff der Gruppe Staabs so-

wie des rechten Flügels der 7. Armee wieder bis über die Saconin-

Mulde vorzuverlegen. Das Heeresgruppenkommando lehnte indessen

diesen Antrag ab, da es die für den Angriff in Betracht kommenden

Divisionen nicht zur Verfügung stellen zu können glaubte.

Für das A.O.K. 7 bildete das über alle Erwartungen gute Gelingen

der Räumung des südlichen Marne-Ufers die Befreiung von einer

schweren Sorge. Andererseits wurden natürlich mit der Zurücknahme

der deutschen Front hinter den Fluß hier auch wesentliche Kräfte des

Feindes frei; es stand mit Bestimmtheit zu erwarten, daß der Gegner

keinen Augenblick zögern würde, sie zur Verstärkung des Drucks gegen

die deutschen Flanken zu verwenden. Schon der Vormittag des 20. Juli

brachte das seit zwei Tagen erwartete Einsetzen der Tätigkeit des süd-

östlichen Zangenflügels: den feindlichen Großangriff gegen die deut-

schen Divisionen zwischen Marne und Reims. Die Kämpfe nahmen in-

dessen hier einen verhältnismäßig günstigen Verlauf. Als Rückhalt

wurde die eben erst aus der Front gezogene 113. Inf.Div. in die Gegend

von Ville-en Tardenois geschoben (vgl. S.170).

Inzwischen hatte auch an der Westfront der feindliche Angriff wieder

mit voller Wucht eingesetzt, er führte im Abschnitt der Gruppe Etzel

in den Vormittagsstunden zeitweilig zu einer Krise. Generaloberst v. Boehn

sah sich dadurch gezwungen, die bereits der Gruppe Watter unterstellte

9. Inf.Div. der Gruppe Etzel zuzuführen (vgl. S.163).

Nachdem die Räumung des südlichen Marne-Ufers beendet war,

schien auch der Zeitpunkt für den Beginn der geplanten Verengung des

Stellungsbogens (vgl. S. 143) gekommen. 12.20 nachm. erging an die

Gruppen Winckler, Schoeler und Kathen der Befehl, in der Nacht vom

20./21. ihre Front in die Linie Westrand des Bois de Lud -- Höhen

nordwestlich und südöstlich la Croix -- Westrand des Bois du Châtelet --

Epieds -- Mont St. Père zurückzuverlegen. Diese Linie war im Laufe

des Nachmittags durch Aufnahmedivisionen oder Reserven der Front-

divisionen zu besetzen, bei beginnender Dunkelheit hatte die Kampf-

artillerie Stellungswechsel vorzunehmen, um 11.00 abds. sollten die Trup-

pen der bisherigen Hauptwiderstandslinie, um 12.00 nachts die Vorfeld-

besatzungen zurückgehen. Um die alte Linie war bis zum Abend zu

kämpfen.

Wann dieser ersten Ausweichbewegung weitere folgen würden,

174 Der Verlauf des 20. Juli.

stand im Augenblick natürlich noch nicht fest. Maßgebend hierfür war

einerseits der Stand des Abschubs der Depots, Beutesammelstellen usw.,

auf der anderen Seite aber -- umgekehrt -- die Lage an den beiden

Flanken; dem Ausgang der Flankenkämpfe kam somit eine besondere

Bedeutung zu. In einer an die Kommandierenden Generale gerichteten

Weisung legte Generaloberst v. Boehn diese Wechselwirkung klar. Alle

auf den Flanken kämpfenden Verbände sollten durch rücksichtsloses Zu-

rückstellen des Ruhebedürfnisses dem Gebot der Stunde ebenso Rechnung

tragen wie die in der Mitte stehenden Verbände durch sofortiges Bereit

stellen verwendungsfähiger Kräfte für die Flanken. ,,Die Südkorps

müssen auf schrittweises Ausweichen vorbereitet sein. Ob und inwieweit

es notwendig wird, hängt vom Gang der Flankenkämpfe ab und muß

daher oft kurzfristig befohlen werden."

Im Zusammenhang mit dieser Weisung gab das A.O.K. 7 in einem

besonderen Befehl den Gruppenkommandos eine Reihe von rückwär-

tigen Widerstandslinien an, die im Falle von Frontverlegungen in

Frage kamen. Von diesen Linien, die zur Vereinfachung der Befehls-

gebung und des Meldewesens einheitlich bezeichnet wurden (,,Albert"-

,,Berta", ,,Cäsar"' ,,Dora"), sollten die drei ersten von den Gruppen

bereits erkundet werden. Ihre Befestigung hatte durch rückwärtig-

Teile der Stellungs- und Eingreifdivisionen zu erfolgen, ihre Besetzung,

wenigstens mit Maschinengewehren, wurde als -- namentlich an den

bedrohten Fronten -- unerläßlich bezeichnet.

Von den Heeresgruppenreserven rückten die 50. und 76. Res.Div.

bis in die Räume Bieuxy -- Epagny und Clamecy -- Juvigny, die Ein-

greifgruppe der 222. Inf.Div. blieb bei Blérancourt. südlich Laon be-

gann am späten Nachmittag die Ausladung der 24. (sächs.) Res.Div. Die

5. Inf.Div. hatte am Abend mit je einer Marschgruppe Acy und le Mes-

nil (südöstlich Soissons) erreicht, der Rest war noch nördlich der Aisne

im Anmarsch. Die bayer. Ers.Div. war nach dem Eintreffen ihrer be-

rittenen Teile -- die Pferde waren durch die erheblichen Marsch-

leistungen stark mitgenommen! -- im Raume Braisne -- Courcelles voll-

zählig versammelt, die Infanterie der Garde-Ers.Div. begann auf Last-

kraftwagen bei Bazoche -- St. Thibaut -- Villesavoye einzutreffen. (Be-

züglich der aus der Marnefront ausgeschiedenen Divisionen vgl. S.170.)

Die 8. bayer. Res.Div., welche am späten Abend des 19. Juli noch

Magneux (östlich Fismes) erreicht hatte, trat am 20. Juli zur 1. Armee

zurück; sie wurde der Gruppe Borne als Eingreifdivision zugeteilt und

im Raume Bouleuse -- Chambrecy -- Sarcy bereitgestellt. Ein Infanterie-

Nachrücken der Heeresgruppenreserven. 175

Regiment fand vorübergehend bei der 86. Inf.Div. Verwendung (vgl.

S.172). Zur weiteren Stützung der Gruppe Borne war am Nachmittag

noch die 240. Inf.Div., welche, von der 3. Armee anrückend, den Raum

Villers-Franqueux -- Loivre erreicht hatte, alarmiert und auf Brans-

court -- Sepincourt in Marsch gesetzt worden. Schließlich sollte auch die

ursprünglich für die 7. Armee bestimmte 1. Inf.Div. nach ihrer Aus-

ladung bei Roberchamp hinter den Abschnitt der Gruppe Borne rücken.

Während des 20. Juli hatten sich die Reste der 115. Inf.- sowie der

14. und 47. Res.Div.*) hinter der Front gesammelt, alle drei Divisionen

erhielten am Abend Befehl zum Abmarsch über die Aisne ins Etappen-

gebiet. Die 47. Res.Div. hatte von ihrer Infanterie 11 Offiziere (aus-

schließlich Regimentsstäbe) und 220 Mann gesammelt. Die 115. Inf.Div.

hatte eine Infanteriegefechtsstärke von insgesamt 56 Offizieren, 1218

Mann (davon 222 bei den M.G.Kompn.), ihr Felda.Regt. 229 konnte

nur zwei Batterien zu je fünf Geschützen formieren.

Zu einem Eingreifen in die Kampfhandlungen fand das Heeres-

gruppenkomrnando, das selbstverständlich mit den A.O.Ks. in ständiger,

engster Verbindung stand und über alle von den Armeen beabsichtigten

bzw. ergriffenen Maßnahmen fortlaufend unterrichtet wurde, am

20. Juli keine Veranlassung. In einem Fernschreiben von 8.50 abds.

dankte K r o n p r i n z Wilhelm dem Generalobersten v. Boehn für

die Umsicht und Tatkraft, mit der dieser den schweren Kampf der

7. Armee im Angriff und in der Verteidigung geleitet hatte. In einem

Heeresbefehl sprach er auch der Truppe seine Anerkennung für ihre

hervorragenden Leistungen aus. Im übrigen betonte auch Kronprinz

Wilhelm die ausschlaggebende Bedeutung unbedingten Festhaltens der

beiden Armeeflügel. ,,Die ganze 7. Armee bis zum letzten Mann muß

wissen, daß die Schlacht gewonnen ist, wenn es gelingt, den feindlichen

Angriff jetzt zum Stehen zu bringen."

Es stand außer Zweifel, daß der 20. Juli für die Heeresgruppe

Deutscher Kronprinz als ein voller Abwehrerfolg zu werten war, an dem

der Truppe und der Führung ein gleicher Anteil zugebilligt werden

konnte. Wenn der Tag auch nicht frei von Krisen geblieben war, so

hatte sich doch die am 19. erst im Entstehen begriffene neue Front ent-

schieden wesentlich gefestigt. Die Truppe kämpfte im allgemeinen wieder

in einer ganz anderen Form als zu Beginn des feindlichen Angriffs, die

Verteidigung war wieder aktiver geworden. Zudem war es gelungen,

_____________

*) Die Artillerie der 47. Res.Div. blieb zunächst noch eingesetzt.

176 Der Verlauf des 20. Juli.

den Zustrom der Reserven in geregelte Bahnen zu lenken und wenig-

stens einigermaßen ihren geschlossenen Einsatz zu erreichen.

Andererseits stand fest, daß der Gegner die am 18. Juli begonnene

Operation unter stärkstem Kräfteeinsatz fortzuführen beabsichtigte. Dem-

entsprechend mußte deutscherseits damit gerechnet werden, daß die

Schlacht zwischen Soissons und Reims eine große Zahl weiterer Divi-

sionen beanspruchen würde. Inwieweit die schon jetzt außergewöhnlich

großen Transport- und Nachschubschwierigkeiten, welche sich im Laufe

eines Großkampfes immer mehr steigern mußten und welche u. U.

selbst durch an und für sich unbedeutende Geländegewinne des Feindes

ins Riesenhafte wachsen konnten, für die Führung der Schlacht im

großen zu werten waren, war eine Frage, welche die Oberste Heeres-

leitung am 20. Juli noch nicht zur Entscheidung stellte. Wohl aber war

jetzt zu übersehen, daß bei der Entwicklung, welche die Lage genommen

hatte, der ,,Hagen"-Angriff in absehbarer Zeit nicht möglich sein würde.

Die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht war selbst in diesem Sinne bei

der O.H.L. vorstellig geworden. In einem Fernschreiben hatte sie u. a.

ausgeführt, daß von einem abgeschwächten, verschmälerten und beträcht-

lich geringer ausgestatteten Angriff eine Kriegsentscheidung sicher nicht

zu erwarten sei, besonders einem Feinde gegenüber, der die deutschen

Absichten kannte, dementsprechend bei Ypern seine Vorkehrungen ge-

troffen hatte und bei Arras zu einem Gegenstoß bereit stand. Die Ent-

scheidung der O.H.L. lautete denn auch, daß ,,mit Rücksicht aus die Lage

bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, die voraussichtlich noch einen

größeren Kräftebedarf bedinge, und mit Rücksicht auf die Möglichkeit

englischer Offensivhandlungen die ,,Hagen"-Operation nicht zur Aus-

führung gelangen" sollte. General L u d e n d o r ff behielt sich vor, auf

ihre Durchführung zurückzukommen; sobald die Gesamtlage es gestatten

würde. Einstweilen hatte sich die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht

auf Abwehr einzustellen.

Der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz wurde die Zuführung von

weiteren vier Divisionen in Aussicht gestellt.

Für die befohlene Zurücknahme der Hauptwiderstandslinie ent-

sprechend dem Armeebefehl von 12.20 nachm. (vgl. S. 173) waren in-

zwischen von den Gruppen Winckler, Schoeler und Kathen die notwen-

digen Vorbereitungen getroffen worden. Nach Einbruch der Dunkelheit

begann die Artillerie staffelweise den Stellungswechsel, und um 11.00 abds.

Aufgabe des ,,Hagen"-Angriffs. 177

ging auch die Infanterie unter Zurücklassung schwacher Postierungen zu-

rück. In die neue Hauptwiderstandslinie waren zur Aufnahme Reserven

der Stellungsdivisionen, im Abschnitt der Gruppe Schoeler auch Teile

der 36. Inf.Div. (vgl. S.170) geschoben worden.

* *

*

Der 20. Juli brachte der franz. 10. und 6. Armee, von denen die

letztere noch die gleichen Truppen in Front hatte wie am Morgen des

18. bei Beginn des Angriffs, nur geringe Erfolge, beide kamen nur lang-

sam vorwärts. Am Nachmittag waren folgende Ergebnisse erzielt:

Bei dem den linken Angriffsflügel deckenden I. A.K. hatten die

11. und 72. Inf.Div. ihre Stellungen etwas näher an Soissons heran-

geschoben, die 153. war gegen Vauxbuin nur unwesentlich vorgekommen.

Das XX. A.K. (1. amer., marok., 58. Inf.Div.) hatte sich bis an Berzy-le

Sec (äußerster linker Flügel) und Villemontoire herangearbeitet, sein

rechter Flügel lag westlich von Tigny. Das XXX. A.K. (38., 19., 1. Inf.-

Div.) besetzte die Höhen von St. Gervais (Höhe 206). Das XI. A.K.

(5. und 41. Inf.Div. zwischen der Straße St. Rémy -- le Plessier Huleu

und dem Ourcq) hatte die Gegend von Billy-sur Ourcq erreicht. Das

II. A.K. gewann die Höhen am Bois de Latilly. Das VII. franz. (linker

Flügel östlich Sommelans) und I. amer. A.K. (westlich Monthiers bis

Vaux einschl.) endlich hatten etwas Raum gewonnen.

Die 6. Armee hatte von ihren beiden Reservedivisionen die 63. dem

II. und die 52. dem VII. A.K. zur Verfügung gestellt; zu einem Einsatz

kam es jedoch an diesem Tage nicht mehr. Beide Korps erhielten Befehl,

um 4.00 nachm. anzugreifen, um die Straße Soissons -- Château-Thierry

zu erreichen.

Die 9. Armee hatte am Morgen das Südufer der Marne geräumt

gefunden. Aber trotz des Befehls der Heeresgruppe ,,Mitte" vom Tag

zuvor, in diesem Falle rasch bis zum Fluß nachzustoßen und sich in Ver-

bindung mit dem verst. 1. Kav.K. der 5. Armee der Marne-Übergänge zu

bemächtigen, wollte das Vorgehen nicht recht in Fluß kommen. Es wurde

Nachmittag, bis endlich die Truppen des XXXVIII. (rechter Flügel süd-

lich Jaulgonne) und III. A.K. (rechter Flügel westlich Troissy) sowie des

1. Kav.K. die Marne erreichten. Im Abschnitt des letzteren über-

nahm jetzt das Generalkommando des XIV. A.K. den Befehl, nachdem

zunächst die Kavallerie-Divisionen herausgezogen worden waren.

178 Der Verlauf des 20. Juli.

Bereits um 10.00 vorm. hatte die 9. Armee den Befehl erhalten, im

Abschnitt des XXXVIII. A.K. nur schwache Kräfte an der Marne zu

lassen und die Masse dieses Korps sowie alle verfügbare Artillerie auf

das nördliche Marne-Ufer zu ziehen, um hier in Verbindung mit dem

rechten Flügel der 6. Armee auf Château-Thierry -- Verdilly -- Epieds

anzugreifen.

Bei dem III. A.K. blieben nur die 73. und 18. Inf.Div. in Front,

die 4. wurde als Reserve herausgezogen. Der Marne-Abschnitt zwischen

Troissy (einschl.) und Reuil (einschl.) -- jetzt XIV. A.K. -- wurde nur

von der (bisher bei der 9. Armee befindlichen) 20. Inf.Div. besetzt; die

bislang am linken Flügel der 5. Armee eingesetzte 77. und 131. Inf.Div.

erhielten Befehl, nach Ordnung ihrer Verbände auf das Nordufer der

Marne zu marschieren, wohin schon die Kavallerie-Divisionen des

1. Kav.K. abgerückt waren. Außerdem wurde auch die 168. Inf.Div. (bis-

her III. A.K.) zur 5. Armee geschoben.

Die 5. Armee trat erst 10.00 vorm. nördlich der Marne zum Angriff

an, dessen Ziel die Linie Olizy-et-Violaine -- Romigny -- Janvry -- Gueux

bildete. In der Nacht vom 19./20. war hier das XXII. brit. A.K. mit den

Anfängen der 51. und 62. brit. Inf.Div. bis zur Linie Courton ruines --

Pourcy -- Westrand des Bois de Pourcy -- Courmas vorgezogen worden,

um, unterstützt von der Armee-Artillerie, über die eingesetzten Divisionen

des II. ital. A.K. (14. und 120. franz., 3. ital. Inf.Div.) hinweg beider-

seits der Ardre anzugreifen. Westlich der Briten sollte der rechte Flügel

des V. A.K. (10. Kol.- sowie 7. und 9. Inf.Div.) auf Champlat, östlich

die 2. Kol.Div. (des 1. Kol.K.) auf Méry-Prémecy vorgehen.

Die 51. brit. Inf.Div. stieß im Bois de Courton, die 62. östlich Mar-

faux auf hartnäckigen Widerstand, beide konnten nur geringen Gelände-

gewinn erzielen. Beim V. franz. A.K. kam lediglich die 7. Inf.Div. im

Bois du Roi etwas vorwärts.

General Pétain war sich klar darüber, daß die Heeresgruppe ,,Re-

serve" weiterer Divisionen bedürfe, wenn ihre Offensive im Gange ge-

halten werden sollte. Da die 10. Armee ihre beiden letzten Reservedivi-

sionen (69. und 87.) wahrscheinlich bald einsetzen mußte, wurden vier

weitere Divisionen (15. und 34. brit., 12. und 25. franz. Inf.Div.) näher

an die Front dieser Armee herangeschoben. Weiter erging der Befehl

zum Antransport der 32. und 42. amer. Inf.Div. (erstere bei Heeres-

gruppe ,,0st", letztere Reserve der 4. Armee) zur Heeresgruppe ,,Reserve".

Am Nachmittag gab Pétain neue Direktiven: es galt, den Sack von

Château-Thierry möglichst nahe seiner Basis abzuschneiden. Die 10. Ar-

Die Ereignisse auf der Feindseite. 179

mee hatte demgemäß unter starker Deckung gegen Soissons den Haupt-

stoß in Richtung Lesges -- Bazoches zu führen, die 6. zunächst auf Fère-

en Tardenois, dann auf Mareuil-en-Dole vorzugehen. Die 9. Armee

sollte südlich der Marne nur möglichst schwache Kräfte stehen lassen und

mit der Masse auf beiden Flügeln nördlich des Flusses angreifen, die 5.

unter Deckung gegen die Vesle beiderseits der Ardre auf Fismes vor-

rücken. Aber schon sehr bald nach Ausgabe dieser Weisungen ließ sich

übersehen, daß von dem Zusammenwirken der inneren Flügel der 9. und

5. Armee kein unmittelbares Ergebnis zu erwarten war; dagegen schien

der gemeinsame Angriff des linken Flügels der 9. mit der 6. Armee

aussichtsvoll. Die 9. Armee wurde daher angewiesen, sich an der Marne

abwartend zu verhalten. Ihr XXXVIII. A.K. wurde der 6. Armee unter-

stellt, so daß ihr nur noch das III. A.K. blieb. Auch die Armee-Artillerie

(92 schwere Geschütze) der 9. trat zur 6. Armee über.

Die Luftaufklärung ergab Bewegungen deutscher Kolonnen von

Süden nach Norden.

UM ZUR MENU REICHSARCHIV BAND 35

UM ZUR DEUTSCH MENU