REICHSARCHIV BAND 34, VON SEITE  98 BIS 110

98 Der Angriff der 7. Armee.

II. schließlich bis in den Nordteil des Courton-Waldes nachgezogen, wo es als Reserve halten blieb.

Das Vorziehen der Artillerie vollzog sich planmäßig. Eine ausreichende Artillerievorbereitung gegen die feindliche Stellung im Courton-Walde war jedoch wegen der Wege- und Beobachtungsschwierigkeiten an diesem Tage nicht mehr möglich.

In der Erwägung, daß für das Gelingen des Angriffs der 7. Armee ein rasches Vordringen der Gruppe Conta auf Epernay von besonderer, ausschlaggebender Bedeutung war, hatte das Armee-Oberkommando 7 um die Mittagstunde die Gruppe Schmettow angewiesen, die 195. Inf.-Div. aus ihrer bisherigen Angriffsrichtung nach Süden hin gegen die Marne abzudrehen, um dadurch der 2. Garde-Inf.Div. das Vorgehen zu erleichtern; die bisherige Aufgabe der 195. sollte die 12. bayer. Inf.-Div. übernehmen. Genlt. Gr. v. Schmettow befahl daraufhin gegen 120 mittags der bayerischen Division, sich bei la Neuville so bereitzustellen, daß sie mit zwei Infanterie-Regimentern in Front, mit einem dahinter beiderseits der Straße la Neuville-Belval-Fleury vorstoßen konnte. Um 120 nachm. erhielt die Division die ihr kriegsgliederungsgemäß zugehörende Artillerie zurück und um 20 nachm. traf bei ihr der Gruppenbefehl ein, nach beendeter Bereitstellung zum Angriff vorzugehen. Als erstes Angriffsziel wurde Fleury bezeichnet, später sollten für die 12. bayer. Inf.Div. die bisher der 195. Inf.Div. gestellten Aufgaben gelten.

Die Bereitstellung der 12. bayer. Inf.Div. verzögerte sich aber stark. Auch als der Divisionskommandeur, Genmaj. Frhr. N a g e 1 z u A i ch b e r g , schließlich um 645 abds. den Angriffsbefehl ausgab, war lediglich das 28. Inf.Regt. bei la Neuville eingetroffen, während sich die Regimenter 26 und 27 noch im Anmarsch befanden. Von der Artillerie fehlte überhaupt jede Nachricht, dagegen war gemeldet worden, daß die beiden einzigen der Division zum Vormarsch zur Verfügung stehenden Straßen Ville - en Tardenois-Boujacourt-Champlat und Ionquery-Champlat vollständig verstopft bzw. für Fahrzeuge überhaupt unbenutzbar wären. Da außerdem noch insgesamt fünf M.G.Kompagnien fehlten, die zur Unterstützung der Angriffsdivisionen des I. Treffens eingesetzt gewesen waren, konnte an einen Angriff an diesem Tage nicht mehr gedacht werden. Als um 90 abds. noch nicht einmal die Bereitstellung beendet war, stimmte auch Genlt. Gr. v. Schmettow einer Verschiebung des Angriffs bis zum nächsten Morgen zu.

Ergebnis des 1. Angriffstages bei Gruppe Schmettow. 99

Die 103. Inf.Div., bisher Stellungsdivision, stellte sich nach beendeter Ablösung durch 2. Garde- und 195. Inf.Div. in drei Marschgruppen nördlich Aougny bereit, nur zwei Bataillone des Res.Inf.Regt. 116, die im Trotte-Wald eingesetzt gewesen waren, blieben dort und machten den Angriff im Verbande der 2. Garde-Inf.Div. mit (siehe S.91). Die Division erhielt gegen 100 vorm. Befehl zum Vorrücken in den Raum Anthenay-la Maquerelle-Olizy-et-Violaine, in dem sie zwischen 50 und 60 nachm. eintraf. Bald danach wurde der Division vom Gruppenkommando Schmettow vorbereitend mitgeteilt, daß sie auf eine Weisung der Obersten Heeresleitung hin am nächsten Tage links der 123. Inf.-Div. zum Angriff auf das Bois de Reims eingesetzt werden würde. Der endgültige Befehl hierzu traf 1115 abds. ein, die Division rückte daraufhin Im Laufe der Nacht bereits in den Raum Ville-en Tardenois-Chambrecy-Boujacourt vor.

Die Tatsache, daß der äußerste linke Flügel der Gruppe Schmettow das ihm gesteckte Angriffsziel erreicht hatte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch hier das Gesamtergebnis des ersten Angriffstages unbefriedigend war. Besonders ungünstig hatte sich das Abdrehen der 195. Inf.Div. aus ihrem bisherigen Angriffsstreifen nach der Marne hin ausgewirkt. Der Zweck dieser Maßnahme, Beschleunigung des Vordringens der 2. Garde-Inf.Div., war nicht erreicht worden. Andererseits hatte der rechte Flügel der 195. Inf.Div. gerade zu der Zeit, als er nach Süden abgebogen wurde, nach langem, schwerem Ringen den feindlichen Widerstand in seiner Front gebrochen und - nach dem Bericht des Res.Jäg.Batls. 19 - kaum noch einen Gegner vor seiner Front*).

Auch bei dieser Gruppe konnte erst der nächste Tag zeigen, ob sich der mit schweren Mühen erkämpfte Anfangserfolg erweitern lassen und zur Erreichung des gesetzten Ziels führen würde.

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Die als einzige Division im Abschnitt der Gruppe B o r n e eingesetzte 86. Inf.Div. sollte bei Erlahmen des feindlichen Widerstands vor ihrer Front sofort nachdrängen und mit dem rechten Flügel (Inf.-Regt. 344), über den Bouilly-Wald vorstoßend, den Anschluß an die

*) Diese Angabe des Res.Jäg.Batls. 19 ist allerdings wohl nur für den ver-häitnismäßig eng begrenzten Gefechtsraum des Bataillons selbst zutreffend.

100 Der Angriff der 7. Armee.

rechts benachbarte 123. Inf.Div. suchen. Die Mitte (Inf.Regt. 343) hatte sich dem Regt. 344 anzuschließen, der linke Flügel (Inf.Regt. 341) in südöstlicher Richtung über Höhe 209 und Kapelle St. Lié den Höhenkamm zu gewinnen, von dem aus dann die Artillerie in die Reimser Ebene wirken konnte.

Die bereits vom frühen Morgen an gegen die feindlichen Stellungen vorgetriebenen Patrouillen vermochten aber zunächst keinerlei Veränderung beim Gegner festzustellen, der das Gasschießen der deutschen Batterien mit schwachem Streufeuer beantwortete. Erst gegen 110 vorm. begannen die Italiener abschnittsweise das Gelände vor dem rechten Flügel und der Mitte der 86. Inf.Div. zu räumen. Inf.Regt. 344 drang daraufhin über Bligny vor und besetzte die Waldhöhe westlich Bouilly. Regt. 343 schloß sich an, nahm das Wäldehen nordwestlich St. Euphraise, in dem es einen Offizier und 101 Italiener zu Gefangenen machte, und schob seine Posten bis dicht an den Kamm der bewaldeten Bergkuppe nördlich Clairizet vor. Wiederholte Versuche des Inf.Regts. 341, diese beherrschende Höhe durch Angriff von Westen und Norden her zu nehmen, scheiterten jedoch trotz mehrerer Feuerschläge durch die zu-sammengefaßten Batterien und Minenwerfer jedesmal am Widerstand der tapferen französischen Besatzung. Auch ein letzter, nach kräftiger Artillerievorbereitung gegen 840 abds. unternommener Vorstoß mißglückte nach anfänglichen Teilerfolgen unter schweren Verlusten. Als Gesamtbeute der Division wurden ein Offizier und 286 Mann der 3. ital. Inf.Div. eingebracht.

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An der ganzen Angriffsfront der 7. Armee hatte die T r u p p e schon sehr bald erkannt, daß der Gegner dieses Mal keineswegs von dem deutschen Angriff überrascht worden, sondern seit langem auf ihn vorbereitet gewesen war. Das ging bereits aus der ganzen Art und Weise sowie insbesondere aus der Stärke der Abwehr hervor, vor allem aber wurde es von allen Gefangenen bestätigt. Die Schwierigkeiten der Nachrichtenübermittlung, die natürlich in besonderem Umfange an der Marnefront herrschten, hatten zur Folge, daß die Meldungen über den Verlauf des Angriffs erst verhältnismäßig spät nach rückwärts ge-langten. Es dauerte daher zunächst geraume Zeit, ehe sieh die Divisionskommandeure, Gruppenkommandos und das A.O.K. ein zutreffendes Bild von der Lage an der Front und den Kampfverhältnissen machen

Maßnahmen des A.O.K. 7 im Laufe des 15. Juli. 101

konnten. Im Laufe des Tages besserten sich dann die Verhättnisse entsprechend dem Fortschreiten des Leitungsbaus und der Inbetriebnahme der übrigen Nachrichtenmittel. Gegen Mittag war es klar, daß der Angriff wegen der überaus starken feindlichen Gegenwirkung überall nur sehr langsam Boden gewann und die Entscheidung noch bevorstand. Die Mittagmeldung des A.O.K. 7 an die Heeresgruppe lautete:

,, . . Der Gesamteindruck geht dahin, daß der Feind zu zähem Widerstand entschlossen kampsbereit vor der Südfront der Armee stand, aber seine Hauptverteidigung in die zweite Stellung verlegt hat, vor der unsere Angriffstruppen auf der ganzen Front, abgesehen vom äußersten rechten Flügel, jetzt angekommen sind. in ihr muß die Entscheidung fallen . . .,,

Unter diesen Umständen gewann der Stoß der Gruppe Conta im Marnetal auf Epernay besondere Bedeutung. Um ihn zu erleichtern bzw. zu beschleunigen, befahl Generaloberst v. B o e h n der Gruppe Schmettow das Eindrehen der 195. Inf.Div. aus ihrem bisherigen Gefechtsstreifen nach Süden zur Marne hin und die Übernahme der bisherigen Gefechtsaufgaben der 195. durch die 12. bayer. Inf.Div. (vgl. S.98), ohne daß indessen diese Maßnahme zu dem gewünschten Erfolg führte. Andererseits wurden die Absichten des A.O.K. 7 dadurch stark durchkreuzt, daß sich der Einsatz der 12. bayer. Inf.Div. infolge von Marschschwierigkeiten und anderen Reibungen außerordentlich verzögerte und Ihr Angriff schließlich auf den folgenden Tag verschoben wurde. Generaloberst v. Boehn erklärte sich mit diesem Aufschub nicht einverstanden und wies noch um 1040 abds. die Gruppe Schmettow an, ihrerseits auf ein sofortiges Angreifen der Division zu dringen*). Tatsächlich machten jedoch die Verhältnisse den Angriff der Bayern vor dem 16. unmöglich.

Auf dem äußersten rechten Flügel war der Angriff schon sehr bald stecken geblieben. Das Armee-Oberkommando hatte sich nach Rücksprache mit der Gruppe Kathen bereits gegen Mittag dazu entschlossen, die Zurücknahme der 10. Inf.Div. auf das nördliche Marneufer anzuordnen. Der endgültige Befehl dazu erging nach 70 abds. Von Bedeutung war es dagegen, daß der linke Flügel der Gruppe Kathen bis zum Surmelin-Abschnitt vordrang. Der bereits um 1130 vorm. befohlene Einsatz der 6. bayer. Res.Div. zwischen der 36. und 23. Inf.Div. (vgl. S.73) sollte die Erreichung dieses Zieles sicherstellen.

Die Entscheidung Im Kampf um die 2. feindliche Stellung fiel im

*) Dies geschah allerdings in der unzutreffenden Annahme, daß zu dieser Zeit der Kampf der 195. Inf.Div. im Rodemat-Walde noch im Gange sei.

102 Der Angriff der 7. Armee.

Gegensatz zu den Erwartungen den Armee-Oberkommandos bis zum Abend nicht. Vielmehr war zu dieser Zeit vollkommen klar geworden, daß der Gegner hier überhaupt erst den Hauptwiderstand leistete und daß man auch weiterhin nicht mit einem schnellen, raumgewinnenden Vorwärtskommen rechnen konnte, wie es etwa bei der ,,Blücher"-Offensive der Fall gewesen war. Immerhin herrschte beim Armee-Oberkommando 7 noch die Hoffnung, daß der Angriff nach endgültiger Überwindung der 2. Stellung mehr in Schwung kommen werde. Ent-scheidend hierfür war, ob der Gegner bereits jetzt starke Reserve heran hatte. War dies der Fall, so schien jeder weitere Angriff aussichtslos. Hatte der Feind aber bei Beginn des Angriffs nur örtliche Reserven zur Stelle gehabt, die zweifellos zum weitaus größten Teil heute bereits eingesetzt worden waren, so konnte ein erneuter Angriff doch noch zum Ziele führen. Das A.O.K. 7 nahm auf Grund seiner Nachrichten über die Feindlage an, daß der Gegner ,,nur über dünne Kräfte in der Front und geringe Reserven dahinter" verfügte. Generaloberst v. Boehn bestimmte daher in einem Armeebefehl von 1115 abds.' daß sämtliche Gruppen (außer Gr. Kathen) am 16. Juli den Angriff ohne Zeitverlust mit voller Wucht fortsetzen sollten.

Der Angriff der 1. Armee. 103

Die 1. Armee sollte den Angriffsbefehlen des Oberbefehlshabers, Generals d. Inf. v. M u d r a, zufolge die feindlichen Stellungen zwischen Prunay und Aubérive durchbrechen, unter Sicherung gegen Reims und den Reimser Bergwald beiderseits der Marne auf Epernay vorstoßen und die Vereinigung mit der über diesen Ort vorgehenden 7. Armee an der Marne erzwingen. Die Sicherung der linken Flanke lag hierbei der 3. Armee ob.

Auf dem rechten Flügel des ,,Reims"-Angriffs hatte Gruppe L i n d e q u i st mit der 203. und 15. bayer. Inf.Div. die Vesle zu überschreiten, den Höhenrand des Reimserwaldes in Linie Verzenay-Verzy -Trépail zu gewinnen und die feindliche Einwirkung von den Waldhöhen nach Nordosten und Osten auszuschalten. Die rechte Flanke der durch das Sturmbatl. 1 verstärkten 203. Inf.Div. war dabei durch Heranziehung möglichst starker Kräfte der 238. Inf.Div. zu sichern. Nach dem Erreichen der Höhenlinie sollten 203. und 15. bayer. Inf.Div., verstärkt durch die aus dem zweiten Treffen vorgezogene 8. bayer. Res.Div.m, über Trépail gegen die Linie Avenay-Mareuil-sur Ay einschwenken und die Verbindung mit der über Epernay vorgehenden 7. Armee herstellen. Gruppe G o n t a r d wurde 3. Garde- und 26. (württ.) Inf.Div. in Front, beiderseits Prosnes auf die Marne westlich und östlich Condé angesetzt, um später rittlings des Flusses ebenfalls die Richtung auf Epernay

104 Der Angriff der 1. Armee.

einzuschlagen. Bei ihr lag der Schwerpunkt des Angriffs der 1. Armee. Den Einsatz der im zweiten Treffen folgenden 9. Inf.Div. behielt sich das A.O.K. je nach der Entwicklung der Lage vor. Gruppe L a n g e r hatte mit Garde-Ers.- 199. und 239. Inf.Div. im ersten Treffen durch rasches Vordringen nach Süden die linke Flanke des XIV. A.K. zu decken, das südliche Marneufer zwischen Aulnay und Châlons zu gewinnen und hierbei mit dem rechten Flügel der 3. Armee enge Fühlung zu halten. Als Division zweiter Linie wollte das A.O.K. die bayer. Ers.Div. dicht hinter dem linken Gruppenflügel nachführen, um sie, je nach Erfordernis, in die verbreiterte Kampffront einschieben zu können. Die Stellungsdivisionen in den Angriffsabschnitten der Gruppen Gontard und Langer (80. und 19. Res.Div.) sollten nach Beginn des Angriffs gesammelt und als Divisionen des dritten Treffens zur Verfügung des Armee-Oberkommandos nachgeführt werden. Als weitere Division dritter Linie - aber zur Verfügung der O.H.L. -hatte sich die 19. (sächs.) Ers.Div. am Morgen des Angriffstages auf der Grenze der Gruppen Lindequist und Gontard hinter der Front zu versammeln. Der am Angriff zunächst nicht beteiligten Gruppe Ilse wurden Vortäuschung eines Angriffs sowie Feuerunterftützung des Stoßes der Gruppe Lindequist aufgetragen; Im übrigen sollte auch diese Gruppe selber zum Angriff übergehen, sobald der feindliche Widerstand vor ihrer Front schwächer wurde. Die Stadt Reims war von der 213. bzw. 242. (württ.) Inf.Div. nicht zu betreten, sie sollte durch besonders hierfür bestimmte Landsturmkräfte besetzt werden.

General v. Mudra wies besonders darauf hin, daß die schnelle Durchführung des Angriffs die Grundbedingung für den Erfolg bilde. Ein Tagesziel für den ersten Angriffstag setzte das A.O.K. nicht; es erwartete jedoch, daß die Mitte der Armee die Marne erreichen und überschreiten würde. Der baldige Fall der feindlichen Stellung in Linie Verzenay-Sept-Saulx-Baconnes-Fort St. Hilaire wurde als besonders wichtig bezeichnet. Sollte die volle Überraschung des Gegners wider Erwarten nicht gelingen, so war mit starkem, feindlichem Widerstand in dieser Stellung zu rechnen, der einen neuen Artillerieaufmarsch erforderlich machen mußte. Es wurde auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen, daß der Feind kurz vor dem Angriff die deutschen Vorbereitungen erkannte und durch starkes Abwehrfeuer die Bereitstellung der Infanterie zu verhindern suchte. In diesem Falle sollte die Bekämpfung der feindlichen Artillerie schon vor der festgesetzten Zeit - aber erst auf ausdrücklichen Befehl des A.O.K. - beginnen; die meisten ,,Aka"- und

Die Kampfaufgaben der einzelnen Gruppen der 1. Armee. 105

,,Feka"Batterien hatten demgemäß schon an dem dem Angriffstage vorausgehenden Abend um 1030 feuerbereit zu sein (vgl. S.43).

Gruppe I 1 s e suchte ihrem Auftrag entsprechend, einen Angriff an der Front der 213. Inf.Div, vorzutäuschen. Zur Verfügung standen ihr hierzu allerdings nur sechs Feld- und drei schwere Batterien sowie eine Minenwerferkompagnie, die sämtlich der 213. Inf.Div. westlich Reims unterstellt waren. Von den Batterien schoß jede aus zwei Stellungen und auch die Minenwerferkompagnie war auf einen verhältnismäßig, breiten Raum verteilt.

Bei Beginn der Artillerie-Vorbereitung auf der eigentlichen Angriffsfront erfolgte auch hier von 110 bis 120 vorm. ein Feuerschlag aller Geschütze und Minenwerfer; die einzelnen Batterien faßten dann. ihr Feuer auf verschiedene Ziele nacheinander je 30 Minuten zusammen. Um einen bevorstehenden Angriff vorzutäuschen, beschossen von 310 bis 340 und von 450 bis 505 vorm. (hier also bis nach Beginn des eigentlichen Angriffs) sämtliche Geschütze und Minenwerfer die vorderen feindlichen Linien.

Die am frühen Morgen und während des Vormittags vorgetriebenen Patrouillen fanden überall nachhaltigen Widerstand.

Die den rechten Flügel der Gruppe Lindequist bildende 238. Inf.Div. hatte bereits am 8. Juli das Inf.Regt. 465 an die 203.Inf.-Div. abgegeben. Nachdem am frühen Morgen des 15. auch das Inf.-Regt. 463 als Reserve des Gruppenkommandos zwischen Berru und Nogent bereitgestellt worden war, verfügte die Division, deren gesamte Artillerie für die Angriffsvorbereitung der 203. Inf.Div. bzw. dem Gruppenkommando unmittelbar unterstand, lediglich noch über das zwischen ,,Feldherrnhügel" und Römerstraße eingesetzte Inf.Regt. 464. Die Division hatte Befehl, bei rückwärtigen Bewegungen des gegenüberstehen-. den Feindes scharf nachzudrängen, um die Vesle-Übergänge zwischen. Couraux Fe und Sillery (beide einschließlich) möglichst unzerstört in Besitz zu bekommen. Als aber gegen 100 vorm. Patrouillen des Regts. 464 gegen die feindliche Stellung vorgingen, schlug ihnen aus. der französischen Hauptwiderstandslinie kräftiges M.G.Feuer entgegen. und die dortige Grabenbesatzung forderte Sperrfeuer an. Der Feind. hatte hier also offenbar die Absicht, seine erste Stellung zu halten; sein Artilleriefeuer blieb in diesem Abschnitt den ganzen Tag über stark.

106 Der Angriff der 1. Armee.

Inf.Regt. 463 wurde vom Gruppenkommando während des Vor-mittags bis hinter die Ausgangsstellung der 203. Inf.Div. vorgezogen, wo es erheblich unter feindlichem Artilleriefeuer zu leiden hatte. Gegen Mittag erhielt das II. Batl. Befehl, nach Prunay zu rücken.

Als rechte Flügeldivision der eigentlichen Angriffsfront griff die 203. Inf.Div. zunächst mit drei Regimentern in vorderster Linie an. Das - kriegsgliederungsgemäß zur 238. Inf.Div. gehörende - Inf.-Regt. 465 hatte nach gelungenem Durchbruch sofort über die Vesle vorzustoßen und bei ,,Ecluse" (Schleuse) (1 km östlich Sillery) einen Brückenkopf zu schaffen. Inf.Regt. 409 sollte Prunay durch Umfassung nehmen und dann sogleich die Vesle überschreiten. Dem Inf.Regt. 410 schließlich fiel zunächst die Wegnahme des Stützpunktes les Marquises Fe zu, es hatte dann bei Beaumont über die Vesle zu dringen. Als Divisionsreserve sollte Inf.Regt. 406, 450 vorm. antretend, auf der Naht zwischen den Regimentern 409 und 410 folgen, um sich, sobald diese beiden die Eisenbahn nördlich der Vesle erreicht hatten, in die vordere Linie einzuschieben.

Während des Vorbereitungsfeuers arbeiteten sich die Inf.Regtr. 465 und 409 nordwestlich und nördlich les deux Maisons an die feindliche Stellung heran, um zur Sturmzeit unmittelbar hinter der Feuerwalze in sie einbrechen zu können. Kurz vor Beginn des Sturmes wurden die am rechten und linken Flügel der 203. Inf.Div. eingebauten Gaswerfer der Pi.(Gasw.)Batle. 94 und 35 abgefeuert. Pi.Batl. 94 gab eine Salve von 475, Batl. 35 von 437 Sprengminen ab. Der Einbruch in die erste feindliche Stellung erfolgte auf der ganzen Front planmäßig. In den vordersten Gräben wurde kein Gegner mehr angetroffen, doch litten alle Regimenter von Angriffsbeginn an unter starkem französischen Artilleriefeuer, der Feind schoß ununterbrochen Sperrfeuer in die deutsche Feuerwalze hinein.

Inf.Regt. 465 hatte sein III. und I. Batl. in vorderer Linie, das II. folgte als Reserve. Das Regiment fand erst am Eisenbahndamm Widerstand, der aber bald gebrochen wurde. III./465 (dabei 1./Sturmbatl. 1) erreichte zuerst die Vesle und überschritt sie 650 vorm. - die Zerstörung der Übergänge war dem Feinde noch gelungen - auf mitgeführten Schnellbrücken; das I. Batl. kam erst etwas später über den Fluß. Verdrahtetes Schilfgelände und flankierendes M.G.Feuer verzögerten das Vordringen durch das Flußtal erheblich, Patrouillen von III./465 erreichten erst 840 das Nordufer des Kanals. II./465 war dem III. Batl.

Die 203. Inf.Div. überschreitet die Vesle. 107

gefolgt und riegelte die rechte Angriffsflanke befehlsgemäß nördlich der Vesle nach Westen ab. Inf.Regt. 464 bog später aus der Stellung der 238. Inf.Div. seinen linken Flügel vor und nahm Anschluß an den rechten Flügel des II./465. Die Kanalstellung war vom Feinde mit zahlreichen Maschinengewehren besetzt, das dort liegende deutsche Artilleriefeuer vermochte sie nicht niederzuhalten. Gegen 1030 hatte sich das III. Batl. an das Nordufer des Kanals herangearbeitet, die 11./465 mit Teilen der 1. Sturmkompagnie drang nach heftigem Kampf in die Gräben bei ,,Schleuse" ein. Durch einen feindlichen Gegenstoß ging die Schleusenstellung jedoch wieder verloren, 200 m nördlich des Kanals blieben das III. und das inzwischen auch vorgekommene I. Batl. liegen.

Inf.Regt. 409 nahm sein I. und III. Batl. - beide verstärkt durch je eine Kompagnie des Sturmbatls. 1 - in vordere Linie, das II. folgte als Reserve. I./409 konnte schwächeren Widerstand in den Gräben nördlich Prunay schnell brechen, den Ort selber aber erst nach lebhaftem Gefecht erstürmen; III./409 hatte schon um den Stützpunkt 600 m süd-östlich les deux Maisons schwer zu kämpfen, es nahm ihn schließlich mit Hilfe des zugeteilten Flammenwerferzuges. In zahlreichen Kleinkämpfen arbeitete sich das III. Batl. dann von Nordosten gegen Prunay heran, beteiligte sich an der Säuberung des Ortes und stieß weiter bis zur großen Vesle-Brücke an der Straße Prunay-lŽEspérance Fe vor. Gegen 70 vorm. war die Vesle von den vorderen Kompagnien des I. und III./409 erreicht, ein Teil der Schützen überschritt den Fluß auf einem Baumstamm, die meisten mußten aber die unter starkem M.G.Feuer liegende Straßenbrücke benutzen und erlitten dabei nicht unerhebliche Verluste. Unter lebhafter feindlicher Gegenwirkung ging es weiter durch das Flußtal gegen den Kanal vor. Ein energisch er Vorstoß der 3. Komp. zur Fortnahme des noch unversehrten Kanalübergangs nordöstlich lŽEspérance Fe brach im feindlichen M.G.Feuer zusammen, kurz darauf sprengten die Franzosen die Brücke. Ein Sturm auf die von einem unerschütterten, lebhaft feuernden Gegner besetzte Kanalstellung war unter diesen Umständen aussichtslos, I. und III./409 lagen zunächst nördlich des Kanals fest. Nach rechts wurde Anschluß an I./465, das durch einen 500 m breiten, unpassierbaren Sumpfstreifen getrennt war, nach links an III./406 - hier erst am Nachmittag - aufgenommen. Die Verluste waren erheblich, die Stäbe des I. und III. Batls. außer Gefecht gesetzt, bei den M.G.K. durch Volltreffer beträchtliche Materialausfälle entstanden. II./409 war mit zwei Kompagnien bis zur Vesle, mit dem Rest bis an den Südwestausgang von Prunay gefolgt.

108 Der Angriff der 1. Armee.

Inf.Regt. 410 griff mit III. und I. Batl. in vorderer Linie an. Es traf in der ersten feindlichen Stellung nur auf einzelne Posten, heftiger Widerstand wurde erst in dem Stützpunkt bei les Marquises Fe und westlich davon in den Gräben an der Römerstraße geleistet. III./410 brach diesen Widerstand schnell es machte im Nahkampf etwa 100 Gefangene und erbeutete mehrere Maschinengewehre. Das I. Batl. dagegen wurde fast eine Stunde durch den Kampf um les Marqulses Fe aufgehalten und verlor hierdurch schon frühzeitig den Anschluß an die Feuerwalze; auch Teile des als Reserve folgenden II./410 mußten in den Kampf eingreifen. Im weiteren Vorgehen erreichten um 830 vorm. das III., einige Zeit später auch das I. Batl. unter ununterbrochenen Kämpfen den Bahndamm. Nur unter großen Schwierigkeiten, teilweise im Reihenmarsch, gelang es beiden Bataillonen, das Sumpfgelände -der Prosnes-Bach bot kein besonderes Hindernis - bis zur Vesle zu überwinden; als erste erreichten um 1030 die vorderen Kompagnien des III. Batls. den Fluß. Sie überschritten ihn bei und nordwestlich Beaumont und drangen in heldenhaftem Ansturm bis zu dem an dieser Stelle unmittelbar südlich der Vesle fließenden Kanal vor. Aus der Kanalstellung schlug Ihnen jedoch so heftiges M.G.- und Minenwerferfeuer entgegen, daß sie sich nicht halten konnten und unter empfindlichen Verlusten wieder auf das Nordufer der Vesle ausweichen mußten. Auch die 4. Komp. hatte den Fluß überschritten, war aber ebenfalls wieder zum Zurückgehen gezwungen worden. Ohne neue, stärkste Artillerievorbereitung war eine Wiederholung des Angriffs aussichtslos. III. und I./410 blieben in den Waldstreifen am nördlichen Vesle-Ufer liegen, in denen sie verhältnismäßig wenig unter Feuer zu leiden hatten. Die linke Flanke war völlig offen, da die 15. bayer. Inf.Div. weit zurück-geblieben war. Das I. Batl. zog daher die 2. Komp. hinter seinen linken Flügel nördlich des Prosnes-Baches in Reserve und setzte die 1. beiderseits des Bahndamms an der östlichen Divisionsgrenze mit der Front nach Osten ein. II./410 wurde von 100 vorm. ab hart östlich der Feldweg-Kreuzung 1100 m östlich Prunay gesammelt, seine 8. Komp. war hinter dem rechten Flügel des III. Batls. bis über den Prosnes-Bach vorgegangen.

Inf.Regt. 406 hatte In der Reihenfolge III., II., I. Batl. 450 vorm. befehlsgemäß den Vormarsch über ,,Falkenauge" - westlich am Stützpunkt les Marqulses Fe vorbei - angetreten, I./406 war Divisionsreserve. Das III. Batl. erreichte 715 vorm. den Bahndamm zwischen dem Ostrand von Prunay und dem Bach 500 m weiter östlich und schob sich hier

Der Angriff der 203. Inf.D iv. bleibt vor dem Marne-Aisne-Kanal liegen. 109

zwischen den Regimentern 409 und 410 in seinen nun beginnenden Gefechtsstreifen ein; unter größten Geländeschwierigkeiten arbeitete es sich durch den schilfbewachsenen, versumpften Grund bis zur Vesle vor, die es um 945 vorm. erreichte. Vom Südufer schlug ihm heftiges M.G.Feuer entgegen, Versuche, den Fluß zu überschreiten, mißlangen zunächst. Als gegen 1115 vorm. Patrouillen feststellten, daß der Feind das südliche Vesle-Ufer aufgegeben hatte, begann der zugeteilte Zug der Pi.Komp. 403 mit der Wiederherstellung der abgebrochenen Brücke; daneben wurde mit dem Bau eines zweiten Übergangs begonnen. Erst um 1240 nachm. konnte III./406, durch zwei Kompagnien des II. Batls. verstärkt, die Vesle im feindlichen Feuer überschreiten und bis zu dem auf beiden Ufern stark verdrahteten Kanal vorstoßen, erhielt hier aber heftiges Feuer und mußte Im Walde nördlich des Kanals liegenbleiben. Der Rest des II./406 traf gegen 20 nachm. 800 m östlich Prunay ein, er war infolge starken feindlichen Artilleriefeuers nur langsam vorwärts gekommen. Das I. Batl. stand 20 nachm. mit je zwei Kompagnien am Stützpunkt 600 m südöstlich les deux Maisons (hier auch M.G.K.) und in der genommenen französischen Stellung nördlich les Marquises Fe.

Die Begleitbatterien der Infanterie-Regimenter hatten gieich bei Beginn des Angriffs versucht, über die vorderen feindlichen Gräben zu folgen. Die Überwindung des Trichtergeländes erwies sich jedoch trotz des eigens hierfür mitgeführten Pioniermatenals als unmöglich, so daß die Batterien innerhalb der vordersten deutschen Gräben in Stellung gehen mußten. Ähnlich erging es der zum Nachfolgen bestimmten I. und II./Felda. 403 sowie den beiden Haubitz-Batterien der II./Res.Fußa. 8 und der Mörserbatterie 1./Fußa. 46. Die inzwischen der 203. Inf.Div. zum Vormarsch unterstellte III./Felda. 600 sowie die 6. Und 8./2. Garde-Fußa. wurden in Stellungen westlich ,,Falkenauge" vorgezogen.

So lagen um die Mittagstunde die schon erheblich mitgenommenen Infanterie-Regimenter der 203. Inf.Div. von dem Kanal einem unerschütterten Feinde gegenüber, dessen starke Artillerie nicht nur das erobente Gelände, sondern auch die deutschen Ausgangsstellungen unter schwerstem, z. T. aus südwestlicher Richtung flankierendem Feuer hielt. Die Divisionsartillerie hatte nicht zu folgen vermocht, ihre Fahrzeuge stauten sich zusammen mit denen den Infanterie, Pioniere und Minenwerfen in Gegend ,,Falkenauge"; die Im Divisionsabschnitt stehenden Verstärkungsbatterien hatten ihre nur bis zum Ablauf der Feuenwalze

110 Der Angriff der 1. Armee.

berechnete Munition nahezu verschossen. Deren Weiterlaufen war unter diesen Umständen völlig nutzlos. Den Divisionskommandeur, Generalmajor K a u p e r t, entschloß sich daher, sie anzuhalten und das Feuer seiner Batterien aus die Kanalstellung zurückzuverlegen. Es dauerte jedoch wegen der ununterbrochenen Leitungsstörungen, durch das feindliche Artilleriefeuer geraume Zeit, bis sich dieser Befehl durchführen ließ.

Die 15. bayer. Inf.Div. griff in vorderer Linie mit den durch Begleitwaffen verstärkten Inf.Regtrn. 30 und 31 an. Auch hier kam es darauf an, möglichst rasch das südliche Vesle-Ufer zu gewinnen; jede dorthin vongedrungene Abteilung sollte einen Brückenkopf bilden, bis genügend Kräfte herübergekommen waren, um den Angriff gegen die Stellung Verzenay-Sept-Saulx fortsetzen zu können. Der Schwerpunkt des Angriffs lag auf dem linken Flügel, hier hatte auch das 32. Inf.Regt. als Divisionsreserve zu folgen. Zum Vorbringen von Schnellbrücken waren die 1./Pi. 16 und Res.Pi.Komp. bayer. 9 bestimmt.

Die Regtr. 30 und 31 nahmen je zwei Bataillone in Front, III./30 und II./31 folgten dichtauf als Reserven. Die 1. feindliche Stellung wurde glatt durchstoßen, Widerstand gab es fast nirgends, erst in den Stütz-punkten an der Römerstraße trafen die Bayern aus stärkere Gegenwehr. Als die Straße nach längerem Kampf überschritten war, stießen die Angreifer bereits in den unmittelbar südlich gelegenen Waldstücken wieder auf zähen Widerstand. Einige Waldstreifen konnten noch genommen werden, bald aber kam den ganze Angriff unter erheblichen Verlusten zum Stehen. Die Feuerwalze hatte die von dem Vorbereitungsfeuer nicht genügend gefaßten feindlichen M.G.Nester nicht niederzuhalten vermocht; als jetzt der Angriff stockte, ging der Anschluß an sie schnell verloren. Die Begleitbatterien hatten noch nicht nachkommen können, die dichtauf gefolgten Reservebataillone beiden Regimenter waren ihren Führern frühzeitig aus der Hand gekommen, nur der Stab des III. Batls. und die 12./30 blieben im Vorgehen nach Süden, ihnen gelang es, auf dem äußersten rechten Divisionsflügel vorübergehend noch etwas weiter vorzukommen. Beide Regimenter hatten weder untereinander noch mit den Flügel-Regimentern der Nachbardivisionen Verbindung. An der gesamten Front der 15. bayer. Inf.Div. lag zwischen 90 und 100 vorm. der Angriff fest.

Den Begleitbatterien der Regtr. 30 und 31 glückte es allmählich, zugweise näher an ihre Infanterie-Regimenter heranzugehen; sie standen

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