REICHSARCHIV BAND 34, VON SEITE  47 BIS 60


Die Operationspläne Fochs und Pétains. 47

Am Morgen des 13. Juli konnten Foch und Pétain den inzwischen eingegangenen neuen Nachrichten entnehmen, daß der deutsche Angriff beiderseits Reims am 14. oder 15. beginnen würde. Ein zweiter deutscher Angriff in Flandern schien kurz nach dem 20. Juli bevorzustehen. General Foch entschloß sich nunmehr, die Abwehr des deutschen Angriffs bei Reims und den eigenen Angriff gegen den nach Château-Thierry vorspringenden Stellungsbogen als eine zusammenhängende Operation zu führen und dazu alle verfügbaren Streitkräfte heranzuziehen. Der Oberbefehlshaber der britischen Armee, Marschall H a i g h, erhielt daher die Weisung, unverzüglich vier britische Divifionen unter einem Generalkommando in die Gegend von Vitry-le François zu senden und sich auf die mögliche Inmarschsetzung von vier weiteren Divisionen einzurichten. Diese Kräfte 5ollten im Bedarfsfalle in der Abwehrschlacht ein-gesetzt werden.

General Pétain setzte am 13. Juli den Beginn des eigenen Angriffs auf den 18.7. fest.

* *

*

Die Quelle, aus der die Franzosen in erster Linie Kenntnis von den deutschen Angriffsabsichten erhielten, waren die Aussagen von Gefangenen; erbeutete Schriftstücke besaßen geringeren Wert und gaben keine ausreichenden Aufschlüsse. Von ganz besonderer Wichtigkeit war es, Genaues über die Grenzen sowie über Tag und Stunde des Angriffs zu erfahren; die Zahl der zum Angriff eingesetzten Divisionen ließ sich dann verhältnismäßig leicht errechnen, da den Franzosen aus den bisherigen Offensiven und aus Kenntnis der deutschen Angriffsvorschriften bekannt war, daß die durchschnittliche Breite des Angriff-streifens einer deutschen Division 21/2 km betrug. Auch wußte man, daß die Angriffsdivisionen erst kurz vor Sturmbeginn in Stellung rückten; die Franzosen nahmen an, daß sie beim Angriff die Stellungsdivisionen durchschritten.

Zahlreiche Vorstöße auf der 50 km langen Front der zwischen dem Westrand der Argonnen und Prunay eingesetzten 4. franz. Armee brachten Gefangene aller gegenüberstehenden deutschen Stellungs-divisionen ein. Die Gefangenen waren sehr verschlossen; durch ,,aufs höchste gesteigerten Eifer" (d. h. durch schärfsten Zwang) gelang es jedoch rechtzeitig, genaue Feststellungen zu machen. Nach den Aussagen von Mannschaften der 228. Inf.Div. (deutsche 3. Armee), die am 30.Juni gefangen wurden, schien der Angriff ziemlich nahe bevorzu-

48 Die Entwicklung der Lage auf der Feindseite

stehen er sollte sich angeblich nur gegen die Front der 4. Armee östlich der Suippes richten. Da aber als Ziel des zweiten Angriffstages Châlons, 25 km hinter der französischen Front, bezeichnet wurde, war anzunehmen, daß auch westlich der Suippes, also fast in der ganzen Champagne, angegriffen werden würde. Nach Osten hin schien sich nach den Aussagen von Gefangenen der 33. Res.Div. vom 5. und 6. Juli der Angriff bis etwa Maisons de Champagne Fe erstrecken zu sollen. Genaue Unterlagen über den gesamten deutschen Angriff östlich Reims wurden schließlich am 10. Juli durch Gefangene der deutschen 3. und 1. Armee gewonnen, die auch über die Munitionierung, Verstärkungs-artillerie und Minenwerfer Angaben machten. Die Franzosen rechneten auf Grund aller dieser Unterlagen mit dem Angriff von etwa 14 deutschen Divisionen in erster Linie.

Aber auch auf der Angriffsfront westlich Reims blieb infolge der Aussagen deutscher Gefangener den Franzosen kaum etwas verborgen. Die Gefangenen berichteten über die Bereitlegung von Pontons, Brettern und Takelage in Ortschaften und Wäldern nördlich der Marne-strecke Chartèves-Dormans sowie von der Anlage von Artillerie-Stellungen. Schon Ende Juni konnte kein Zweifel bestehen, daß die Deutschen hier über die Marne gehen wollten. Sehr leichtfertige Angaben machte ein am 22. Juni gefangener Pionieroffizier, auch von einem übergelaufenen Angehörigen einer Feldbäckerei-Kolonne ist ziemlich viel ausgesagt worden, besonders über die Unterbringung höherer Stäbe. Am 5. Juli schließlich lief ein Fußartillerist vom Fußa.Batl. 161 über, der wichtige Angaben über den Artillerie-Aufmarsch nördlich der Marne machte und berichtete, daß sich der Angriff bis westlich Reims (Stadt ausschließlich) ausdehnen würde.

Die Gefangenenaussagen wurden durch Erd- und Lufterkundungen ergänzt. Gegenüber der deutschen 1. und 3. Armee konnte auf allen Wegen hinter der Front besonders vom 5. und 6. Juli ab von den Beobachtungsstellen aus eine erhebliche Verkehrszunahme beobachtet werden, auch die Luftbeobachtung bestätigte starken Verkehr zwischen der Suippes und der Retourne. Auf den Eisenbahnen wurde kein ver-stärkter Betrieb erkannt, dagegen ließ stärkere Beleuchtung der Hauptbahnhöfe¾auf lebhafte nächtliche Tätigkeit schließen*).

*) Der Aufmarsch der Angriffsdivisionen und die dabei nicht zu vermeidende starke Zusammendrängung von Truppen sind nicht erkannt worden, obgleich die französischen Aufklärungs-Organe eingehend unterrichtet waren.

Der Gegner erhält von dem beabsichtigten Angriff Kenntnis 49

(Über entsprechende Erkundungen gegenüber der deutschen 7. Armee ist nichts bekannt.)

Auch die Luftphotographie brachte den Franzosen wertvolle Angaben. Am 30. Juni wurden zum erstenmal getarnte Munitions-Niederlagen nördlich der Butte du Mesnil, an den folgenden Tagen MunitionsDepots zwischen den Argonnen und Somme Py aus den Lichtbildern festgestellt. Am 11. Juli erkannte man das Freimachen von Wegen bei Maisons de Champagne Ferme, St. Marie à Py und St. Souplet sowie die Herstellung von Brücken über die Gräben der vordersten Stellungen. Schließlich zeigte die Photographie eine erhebliche Vermehrung der Eisenbahnwagen auf allen Bahnhöfen; sie wurden als verschiebbare Munitions-Depots angesprochen.

Vom 7. Juli ab verursachte das französische Artilleriefeuer auf der ganzen Champagne-Front zahlreiche Munitionsbrände. An diesem Tage brannten Munitionsstapel in Gegend der Butte de Suain bei Pont Faverger und St. Masmes, tags darauf bei Beine; am 9. Juli erfolgten zwischen den Argonnen und der Suippes nicht weniger als 23 Explosionen und am 11. Juli fanden nördlich les Marquises Fe und bei Beine Munitionsbrände statt.

Neue Feststellungen über die Truppenverteilung auf deutscher Seite konnten die Franzosen nicht machen, da, der deutschen Angriffsmethode entsprechend, die Besetzung der Front mit den Stellungs-Divisionen bis zum 14. Juli einschließlich unverändert blieb. Das Vorhandensein einer größeren Zahl von Divisionen hinter der Front, die Ruhe hatten und ausgebildet wurden, war bekannt; hieraus allein ließen sich aber keine sicheren Schlüsse ziehen.

Auffällig war schließlich noch die außerordentliche Zurückhaltung der deutschen Infanterie seit Mitte Juni hatte kein Patronillenunternehmen mehr stattgefunden. Auch die Artillerie- und Fliegertätigkeit hielt sich in engen Grenzen, dagegen war die Flugabwehr sehr kräftig.

Für den 14. Juli rechneten die Franzosen schon stark mit dem deutschen Angriff. Als dieser Tag ruhig verlaufen war, konnte der Beginn der Offensive am 15. mit der allergrößten Wahrscheinlichkeit erwartet werden. Ein glücklicher Zufall gab schließlich noch fast genaue Kenntnis von der Stunde des Beginns der Artillerievorbereitung: am 14. Juli, 10o abds., brachte ein Unternehmen der französischen 132. Inf.Div. (IV. A.K., 4. Armee) 27 Gefangene der 19. deutschen Res.Div. ein, von denen sich einer dadurch verriet, daß er für seine verlorene Gasmaske

50 Die Entwickelung der Lage auf der Feindseite

dringend eine neue forderte; daraus erfuhren die Franzosen, daß der Beginn des deutschen Artilleriefeuers und der Vergasung der Batterien usw. unmittelbar bevorstand.

Zwischen dem Westrand der Argonnen und der Oise waren auf französischer Seite vier Armeen, die 4., 5., 6. und 10., eingesetzt. Von ihnen bildeten die drei erstgenannten die Heeresgruppe ,,Mitte" (General M a i s t r e), während die 10. zur Heeresgrnppe ,,Reserve" (General F a y o ll e) gehörte. Die Armeen waren wie folgt gegliedert (Stand vom Morgen des 15. Juli):

4. Armee (General Gouraud):

VIII. A.K. vom Westrand der Argonnen bis etwa zur ,,Wetterecke" mit 63. In5.Div.*), 1. Kav.Div. z. Fuß, 16. und 161. Inf.Div., XXI. A.K. bis hart westlich des Suippes-Flusses mit 43., 13. und 170. Inf.Div. und IV. A.K. bis Prunay (ausschl.) mit 132., 124. und 163. Inf.Div.

Als Eingreifdivisionen standen die 46. franz. und 42. amerikan. Inf.-Div. in der Gegend von Suippes hinter dem XXI. A.K., die 27. Inf.Div. westlich Mourmelon-le Grand und die 71. Inf.Div. bei les Petites Loges hinter dem IV. A.K.

5. Armee (General B er t h e lot):

I. Kol.K. von Prunay (einschl.) bis südlich Brigny mit 45. Inf.Div.**),

3. Kol.D., 134. Inf.Div. und 2. Kol.D., II. ital. A.K. bis in Gegend Champlat mit 3. und 8. ital. Inf.Div., V. franz. A.K. bis zur Marne mit 40. und 8. Inf.Div.Eingreifdivisionen waren die 7. und 120. Inf.Div. westlich der Straße Reims-Epernay hinter dem II. ital. und dem rechten Flügel des franz. V. A.K. sowie die 10. Kol.D. bei Damery an der Marne hinter dem V. A.K.

6. Armee (General D e g o u t t e):

III. A.K. an der Marne von Troissy (ausschl.) bis Jaulgonne (einschl.) mit

51. und 125. Inf.Div., XXXVIII. A.K. bis Vaux (westl. Chau Thierry) (ausschl.) mit 3. amerik. und 39. franz. Inf.Div.; ferner standen in dem Raume von Vaux (einschl.) bis zur linken Armeegrenze am Ourcq, der aber von dem deutschen Angriff nicht getroffen wurde, drei Generalkommandos mit zusammen sechs Divisionen.

*) Die 63. Inf.Div. war in der Herauslösung aus der Front, ihr bisheriger Frontabschnitt wurde von der 1. Kav.Div. z. F. mit übernommen.

**) Nach der französischen Lagenkarte war die 45. Inf.Div., die übrigens deutscherseits als hinter der Front stehende Reserve angenommen wurde, ganz in Front eingesetzt nach Gefangenenaussagen ist dagegen nur eins ihrer Inf.-Regimenter beiderseits Prunay zur Verstärkung der 3. Kol.D. in Front gewesen, während die Masse der Division südlich der Vesle etwa im Raume Verzenay-Verzy stand.

Die Frontbesetzung zwischen den Argonnen und der Oise.

51

Als Eingreifdivisionen befanden sich 20. Inf.Div. bei Mareuil-en Brie hinter dem III. A.K., 73. Inf.Div. südlich Condé hinter den inneren Flügeln des III. und XXXVII. A.K. und 28. amerik. Inf.Div. hinter dem XXXVII. A.K. Zwei weitere Divisionen (4. amerik. und 168. franz. Inf.Div.) standen hinter dem nördlich der Marne gelegenen Frontabschnitt der Armee.

Als weiter zurückgelegene Reserve konnte die 6. Armee schließlich noch über die 4. Inf.Div. im Raume um Rebais verfügen.

10. Armee (General M an g in):

Acht Divisionen unter vier Generalkommandos in Front; dahinter -(z. T. allerdings auch noch hinter dem linken Flügel der 6. und hinter der nördlich angrenzenden 3. Armee) - befanden sich insgesamt 13 Divisionen, von denen 11 zum Einsatz bei der 10. Armee bei dem Angriff am 18. Juli bestimmt waren. (Die 10. Armee lag außerhalb des Raumes des deutschen Angriffs vom 15. Juli.)

An Heeresreserven standen General Pétain gegenüber der deutschen Angriffsfront zur Verfügung:

A.O.K. 9 (General d e M i t r y) in Fère-Champenoise; seine Verwendung zur Leitung eines Gegenangriffs bei einer Frontarmee oder zur selbständigen Übernahme eines Frontabfchnitts blieb vorbehalten.

Eine Reservegruppe unter dem Genkdo. des XVL A.K., bestehend aus der 127. und 131. Inf.Div. in Gegend Ste. Menehould, der 52. Inf.Div. östlich la Cheppe sowie der 68. Inf.Div., die jedoch am 15. Juli noch in Herauslösung aus der Front der 2. Armee nordwestlich Verdun begriffen war, um danach ebenfalls bei Ste. Menehould versammelt zu werden. Der Einsatz dieser Gruppe war auf dem linken Flügel der 2. und dem rechten der 4. Armee vorgesehen.

Eine Reservegruppe unter dem Genkdo. des XIV. A.K.' bestehend aus der 9. und

14. Inf.Div. nördlich und nordwestlich Châlons, der 10. Inf.Div. südlich

Louvoy (hinter dem rechten Flügel des I. Kol.K.) und der 77. Inf.Div. in

Gegend nordwestlich Ablois-St. Martin (hinter dem linken Flügel des

V. A.K.). Diese Gruppe sollte auf dem linken Flügel der 4., bei der 5. oder

auf dem rechten Flügel der 6. Armee eingesetzt werden.

1. Kav.K. mit 1. und 5. Kav.D. in Gegend Châlons und 3. Kav.D. östlich Champeaubert.

18. Inf.Div., welche im Eintreffen bei Montmirail war.

Ferner konnte Pétain noch mit vier britischen Divisionen unter dem Genkdo. des brit. XXII. A.K. rechnen, die von Foch in die Gegend von Vitry-le François befohlen waren. (Vgl. S.47.) Sie befanden sich am 15. Juli allerdings erst im Antransport dorthin bzw. noch hinter der englischen Front nördlich Amiens.

52 Die Entwickelung der Lage auf der Feindseite.

Schließlich kamen, wenn es die Lage erfordern sollte, noch die hinter der 10. Armee stehenden bzw. im Aufmarsch begriffenen Divisionen (s. o.) sowie das in Gegend Meaux stehende 2. Kav.K. in Betracht.

Auf Grund ihrer Erfahrungen aus den bisherigen deutschen Offensiven und der Kenntnis der deutschen Vorschriften waren die Franzosen mit allen Einzelheiten des Angriffsverfahrens durchaus vertraut: Überraschung, kurze, aber kräftige Feuervorbereitung, Gasschießen, Vorgehen der Infanterie zunächst hinter der Feuerwalze, nach deren Ablaufen mit Unterstützung der Begleitwaffen, schnellste Ausnutzung errungener Vorteile durch die Infanterie, Einsatz der Reserven vor allem an den erfolgreichen Stellen, Bekämpfung der überrannten Widerstandsnester durch rückwärtige Staffeln.

Allgemeine Abwehrmaßnahmen waren bereits unter Zugrundelegung der in der deutschen März-Offensive gemachten Erfahrungen auf der ganzen Westfront von den Alliierten getroffen worden, vor allem hatte man eine allgemeine Tiefenstaffelung der Artillerie durchgeführt. Von der französischen 4. Armee im besonderen war schon Ende April der beschleunigte Ausbau der 2. Stellung angeordnet worden, diese hatte vielleicht schon damals als Hauptwiderstandslinie bei einem deutschen Großangriff zu gelten.

Nach der erfolgreichen deutschen Chemin des Dames-Offensive zog die 4. Armee die am weitesten vorn stehenden leichten Batterien zurück, westlich der Suippes bis in Gegend der Römerstraße. Zur Verschleierung dieses Zurückziehens und der Tiefenstaffelung wurden Wanderbatterien bestimmt, welche die verlassenen Stellungen zeitweilig wieder bezogen und aus ihnen 20-30 Schuß abgaben.

Im Juni begann eine erhebliche Verstärkung der Artillerie, insbesondere wurden im Reimser Bergwalde neue schwere Batterien, darunter auch zahlreiche amerikanische, eingesetzt.

Als Anfang Juli das Bevorstehen einer deutschen Offensive beiderseits Reims erkannt worden war, hatte die französische Führung den Entschluß gefaßt, den Hauptwiderstand von der ersten in die zweite Stellung (von den Franzosen ,,Zwischenstellung" genannt) zurückzuverlegen und vor dieser den Angriff zum Stehen zu bringen; die erste Stellung sollte von den Kampfbataillonen geräumt und ebenso wie das Zwischengelände nur von Vorposten besetzt gehalten werden. Das deutsche Artillerie- und Minenwerferfeuer hatte bei allen bisherigen

Abwehrmaßnahmen. 53

Offensiven während der Feuervorbereitung in der Hauptsache auf der ersten Stellung gelegen und diese zerschlagen; wurde sie rechtzeitig geräumt, so mußte es im wesentlichen wirkungslos bleiben. Der Durch-führung des Entschlusses stellten sich aber doch mannigfache Schwierig-keiten entgegen; völlig zur Ausführung gekommen ist er nur östlich Reims bei dem äußersten rechten Flügel der 5. und der ganzen 4. Armee. Auch hier waren bei der Truppe selbst erhebliche Widerstände zu überwinden, besonders beim IV. A.K., welches das im Jahre 1917 unter den schwersten Opfern errungene Höhengelände von Moronvilllers nicht kampflos aufgeben wollte. Übrigens war der Räumungsentschluß ein Beweis dafür, daß die französische Führung die Moral der Truppe hoch einschätzte.

In der ersten Stellung, in welcher bisher die Kampfbataillone gestanden hatten, blieben nur zwei bis drei Züge pro Regiments-Abschnitt' Im Zwischengelände und in rückwärtigen Stützpunkten bis zur zweiten Stellung weitere Teile (bisweilen wohl auch der ganze Rest) der Kampfbataillone zurück. In der zweiten Stellung war jeder Regiments-Abschnitt mit zwei Bataillonen (dem Bereitschafts- und Ruhe-Bataillon) besetzt; stellenweise wurden hier auch Teile der Eingreif-Divisionen eingeschoben. Andere Teile der letzteren standen in der dritten Stellung.

Die in der ersten Stellung zurückgelassenen Besatzungen - teilweise ohne Offiziere - hatten den Auftrag, durch Abschießen von Leuchtpatronen, Klappern mit Kochgeschirren und regen Verkehr die normale Besetzung vorzutäuschen. Am Abend des 14. Juli erhielt die Truppe den Befehl, größere Unterstände mit Yperit zu vergasen. Die Ausführung erfolgte durch Pioniere, welche außerdem den Auftrag hatten, besonders große Stollen in der ersten Stellung zu sprengen.

Auch bei der 5. Armee waren alle Maßnahmen getroffen, um den deutschen Angriff vor der zweiten Stellung aufzufangen. Gleichzeitig beschäftigte Indessen den Armeeführer, General B e r t h e 1 o t, der Gedanke an die spätere eigene Offensive lebhaft. Um gegebenenfalls so schnell wie möglich zum Gegenangriff übergehen zu können, ordnete er an, gewisse vor der nunmehrigen Hauptwiderstandslinie gelegene Punkte - wie Höhe 240 westlich Vrigny*), Bois d'Eclisse, Bois de Rarrey - ,,bis zum letzten Mann" zu halten. Im Gegensatz zur 4. Armee wurde daher hier nicht die ganze Kraft von vornherein auf die Behauptung der zweiten Stellung zusammengefaßt.

*) Höhe 240 lag nicht vor der eigentlichen deutschen Angriffsfront.

54 Die Entwicklung der Lage auf der Feindseite.

Wieder einer anderen Lage sah sich der rechte Flügel der 6. Armee südlich der Marne gegenüber. Wollte man hier einen Übergang des Gegners überhaupt verhindern, fo war es nötig, am tiefgelegenen Flußufer selbst Widerstand zu leisten. Man entschloß sich, den Hauptwider-stand auf die Höhen südlich des Marnetales zu legen, wollte aber immerhin versuchen, den Kampf schon am Flusse selbst aufzunehmen. Eine gewisse Unsicherheit der Kampfführung war hierdurch unvermeidlich.

Als in der tiefen Dunkelheit des 14. Juli die deutschen Angriffsdivisionen der 7., 1. und 3. Armee in ihre Sturmausgangsstellungen rückten, standen die französische 4., 5. und 6. Armee in Erwartung des deutschen Angriffs bereit. Gleichzeitig begann der Aufmarsch der Angriffstruppen der französischen 10. Armee zwischen Aisne und Ourcq im Schutze der Waldungen von Villers-Cotterêts in der Flanke des deutschen Angriffs.

Roch rechtzeitig hatten die Franzosen am Abend des 14. Juli die Zelt des Beginns der deutschen Artillerievorbereitung und des Infanterie-sturmes (vgl. S.49) erfahren. So konnten ihre Batterien eine Stunde vor Beginn der deutschen Artillerievorbereitung das Feuer überraschend eröffnen, um den Aufmarsch und die Bereitstellung zu stören und zu zerschlagen.

Die Verschiebung des deutschen Angriffs vom 10. - wie ursprünglich vorgesehen - auf den 15. Juli ist für die Franzosen von großer Wichtigkeit gewesen; sie gewannen so die Zeit, sich gründlich auf die Abwehr einzustellen und Maßnahmen zur Räumung ihrer ersten Stellung zu treffen.

Der Angriff am 15. Juli. 55

Durch das Dunkel der Nacht vom 14./15. Juli streben an der ganzen Front zwischen Gland und Tahure die Kolonnen der Angriffsdivisionen vorwärts. Kein Stern leuchtet von dem undurchdringlich finsteren Nachthimmel hernieder, bisweilen prasseln Regenschauer und Gewittergüsse auf die Marschierenden herunter und durchnässen sie bis auf die Haut. Immer wieder unterbrechen Marschstockungen die Vorwärtsbewegung. Hier hat eine Kompagnie in der Finsternis den richtigen Weg verfehlt, da ist eine Marschkreuzung eingetreten, dort verursacht ein zu schwer beladenes, in dem aufgeweichten Boden steckengebliebenes Fahrzeug unliebsamen Aufenthalt. Vereinzelt gehen noch Batterien in Stellung; es sind die, deren Stellungen keinerlei Deckung gegen die feindliche Luft-beobachtung bieten und für deren Geschütze sich auch nicht ein Versteck in einer nahegelegenen Baum- oder Häusergruppe usw. gefunden hatte, aus dem sie heute abend nach Einbruch der Dunkelheit von den Bedienungsmannschaften vorgezogen werden konnten. Bisweilen liegt feindliches Streufeuer im Gelände, östlich Reims ist es sogar zeitweilig recht lebhaft und stellenweise mit Gas vermischt; aber es bringt nur vorübergehend einige Verwirrung, nennenswerte Verluste entstehen nicht.

Während der Vormarsch der Angriffsbataillone an den meisten Stellen noch in vollem Gange ist, können die Batterien 110 abds. überall ihre Feuerbereitschaft melden. Erleichtert atmen die Artillerieführer bei den Stäben auf, Gott sei Dank, es hat geklappt! Jetzt wartet man

56 Der Angriff am 15. Juli.

dort fieberhaft darauf, daß die Uhrzeiger endlich auf 110 vorm. stehen, d. h. auf ,,x"-Zeit, dem Beginn der Artillerievorbereitung. Noch immer rücken bei der 7. Armee Teile der Angriffsdivisionen nach vorn. Ihr Marsch ist durch irgendwelche Zwischenfälle aufgehalten worden und sie eilen nun, um noch gerade rechtzeitig ihre Bereitschaftsräume zu erreichen. An anderen Stellen ist die Bereitstellung schon durchgeführt, beginnen bereits die bisherigen Stellungsdivisionen sich entsprechend der Rolle, die ihnen bei dem kommenden Angriff zugedacht ist, zu sammeln*).

Jetzt - 10 vorm. - blitzt es plötzlich drüben beim Gegner überall auf, die Stille der Nacht wird durch ein tausendfältiges Heulen, Sausen, Zischen, Gurgeln jäh unterbrochen. Krachend schlägt es vor, in und hinter den deutschen Stellungen, zwischen den Batterien, Befehlsstellen, Anmarschwegen ein. Ein wütender Feuerwirbel liegt minutenlang ohne Unterbrechung auf den deutschen Linien, hier und dort treten Verluste ein. Was ist das? Waren die bangen Zweifel, die da und dort auftauchten, berechtigt? Weiß der Gegner, daß hier die deutschen Bataillone zum Sturm auf seine Linien bereitstehen? Die Batterien drüben geben keine eindeutige Antwort. Ihr Feuer läßt etwas nach, bleibt aber immerhin im Gange. Zufall?

Nun setzt aber aus tausenden von Rohren das Feuer der deutschen Artillerie und der Minenwerfer ein: 110 vorm. = ,,x".Zeit! In seinem Toben vergeht den Geschützen drüben der Atem, ihr Schießen wird schnell schwächer und hört mit wenigen Ausnahmen bald ganz auf. Jetzt haben nur die deutschen Kanoniere das Wort.

Inzwischen sind die letzten Angriffsbataillone auf ihre Plätze gerückt. Überall stehen die Kompagnien bereit; gespannt wartet alles, daß der zweite Akt beginnt, in welchem die stürmende Infanterie die Haupt-rolle spielen wird. Aber was soll das? Ein ekelhafter, süßlicher Geruch zieht durch die Lust und legt sich unangenehm auf die Atmungsorgane. Auf der ganzen Angriffsfront der 1. und 3. Armee treibt der Südwind die Gasschwaden des eigenen Artilleriefeuers vom Feinde her über die eigenen Stellungen bis weit in das Hintergelände zurück, so daß sich die Infanterie in den vorderen Gräben, ja z. T. sogar die Stäbe auf ihren Befehlsstellen, zum Aufsetzen der Gasmasken gezwungen sehen.

*) Teilweise lösten die Angriffsdivisionen vor Beginn des Angriffs die Kampfbataillone der bisherigen Stellungsdivisionen ab, teilweise blieben die Kampfbataillone der Stellungsdivisionen bis zum Beginn des Sturmes in

Stellung, um dann von den Angriffsdivisionen durchschritten zu werden.

Artillerievorbereitung. - Beginn des Übersetzens 57

Bei der 7. Armee hat nahezu gleichzeitig mit dem Beginn des deut. schen Artilleriefeuers auch die Tätigkeit der Pioniere begonnen. Jeder Angehörige dieser ,,schwarzen Waffe" ist sich dessen bewußt, daß es in hohem Maße von seiner und feiner Waffengenossen Tapferkeit und Tatkraft abhängt, ob der Marneübergang glücken und ob der heutige Tag ein Erfolg werden wird. ,,Gib deine ganze Kraft her, um zu siegen und den Feind vernichtend zu schlagen! Denn nur ein Sieg bringt dir einen Frieden, unter dem du mit den Deinen leben kannst. Je größer der Sieg, um so näher ist der Frieden!" So steht es in dem Merkblatt, welches der General der Pioniere beim A.O.K. 7, Generalmajor U n v e r z a g t , an seine Pioniere ausgegeben hat. Fürwahr, es gilt heute den Ruhm des Tages von Alsen zu erneuern!

Gleich den Bataillonen der Angriffsdivisionen sind auch die Pionierkompagnien heute abend nach Einbruch der Dunkelheit angetreten und zu den Bereitstellungsplätzen ihrer Pontongruppen marschiert, welche, jedesmal etwa sieben Pontons stark, in den Vornächten in Baracken, Scheunen, Strauchgruppen oder an anderen Stellen versteckt, zum Teil eingegraben, bereitgelegt worden sind. Auf Ihrem Marsch sind die Kompagnien stellenweise in feindliches Gasfeuer geraten, doch haben kurz nach Mitternacht alle ihre Plätze erreicht, auch die von den Stellungsdivisionen kommandierten Trägertrupps sind rechtzeitig eingetroffen.

Um 105 vorm., fünf Minuten vor Beginn des deutschen Artilleriefeuers, sind überall die Pontons aufgenommen worden. Leise keuchend schleppen jetzt die Träger, die Füße mit Gras und Sandsäcken umwickelt, Ihre schwere Last zur ,,Ablauflinie"*). Feindliche Feuerüberfälle verursachen an vielen Stellen Verluste und Beschädigungen der Pontons. Es erfordert die volle Energie der Führer und die hingebungsvolle Arbeit der Mannschaften, um das freie, deckungslose Gelände unter diesen schwierigen Verhältnissen zu überwinden. Nach mühevollem Marsch**) ist endlich überall die durch ein weißes Band bezeichnete Ablauflinie erreicht, die im allgemeinen noch 300 bis 400 m von der Marne entfernt

*) Damit das erste Übersetzen überraschend erfolgte, war zwischen den Bereitstellungsplätzen und dem Fluß eine diesem etwa gleichlaufende, genau festgelegte ,,Ablauflinie" bezeichnet, in der sich die Pontontrupps mit 50 m Zwischenraum zunächst niederzulegen hatten, um dann auf ein Zeichen des leitenden Offiziers hin an den Fluß vorzueilen.

**) Die Entfernung zwischen den Bereitstellungsplätzen und der Ablauflinie betrug stellenweise über 700 m.

58 Der Angriff am 15. Juli

liegt. Hier werden die Pontons gebrauchsfertig nebeneinander bereit gelegt, alles ordnet sich um nachher so schnell wie möglich an die Übersetzstelle zu gelangen. Jetzt treffen auch schon die ersten Übersetzstaffeln der Angriffsinfanterie ein, unmittelbar hinter der Ablauflinie legen sie sich nieder.

250 vorm. sind die Pioniere mit ihren Vorbereitungen fertig. Die Pontonstaffeln stürmen an die Marne, mit nur fünf Minuten Abstand folgen ihnen die ersten Angriffsstaffeln der Infanterie, die zweiten rücken indessen bis an die eben von den ersten Staffeln verlassenen Plätze nach. Das steile, an einigen Stellen bis zu 3 m hohe Ufer bereitet große Schwierigkeiten, trotzdem sind fast überall noch vor 30 vorm. die ersten Pontons zu Wasser gebracht. Der Feind, welcher zumeist nur ganz schwache Postierungen am Südufer stehen hat, merkt anscheinend noch nichts, das Krachen und Donnern der deutschen Granaten und Minen übertönt die unvermeidbaren Geräusche des Übersetzens. Nach wenigen Minuten sind die ersten Pontons am jenseitigen Marneufer angelangt, die Infanterie erklimmt, zum Teil unter Benutzung von Leitern, die steile Böschung. Jetzt heißt es: Vorrücken bis in die Sturmausgangssstellung, aus der um 450 vorm., dem Zeitpunkt des Einsetzens der Feuerwalze, angetreten werden soll. Während des Übersetzens der ersten ist die zweite Übersetzstaffel von der Ablauflinie zur Marne nachgerückt, die zurückkehrenden Pontons werden sogleich wieder bestiegen.

Aber nicht überall vollzog sich das Übersetzen glatt und reibungslos. An vielen Stellen setzte sehr bald heftiges feindliches Artillerie- und Maschinengewehrfeuer ein, das starke Verluste an Menschen und Material hervorrief. Reservepontons mußten an Stelle von durch Volltreffer vernichteten oder gesunkenen Pontons zu Wasser gebracht werden. Im allgemeinen wurden die Sturmtruppen mit freigemachten Maschinengewehren in Einzelpontons, die leichten Minenwerfer, die nötigsten Handpferde, einzelne ,,Überwachungsgeschütze" und stellenweise auch bereits die Begleitbatterien auf Ruderfähren übergesetzt. Als sehr zweckmäßig erwies sich die Herstellung von Treidelleinen, die über den Fluß gespannt und an denen die Pontons hin- und hergezogen wurden. Hierdurch ließ sich eine große Schnelligkeit erzielen und ein Abtreiben der Pontons verhindern.

Sogleich nach dem Eintreffen der ersten Übersetzstaffeln auf dem südlichen Marneufer war auch überall mit dem Brückenschlag begonnen worden. Hinter Deckung bietenden Mauern und Strauchgruppen

Das Heldentum der Pioniere 59

wurden die bereitgehaltenen Böcke zusammengesteckt und im ,,Marsch-Marsch" - stellenweise durch feindliches Feuer - an die Brückenstellen gebracht.

Bereits um 40 vorm. ist bei Vincelles der Landstoß der hier vorgesehenen schweren Pontonbrücke von der 5./Pi. 18 sechsbordig hergestellt, aber noch immer fehlen die Brückentrains, die von rückwärts herankommen sollen; nur einzelne wenige zum Übersetzen nicht mehr benötigte Pontons können von den nächstgelegenen Übersetzstellen herbeigeschleppt werden. Endlich kommt der erste Brückentrain heran, schwer sind die Verluste an Menschen, Pferden und Material, die er auf dem Wege nach vorn gehabt hat. Mit aller Kraft wird die Brücke jetzt vierbordig gebaut, um überhaupt eine feste Verbindung mit dem jenseitigen Ufer zu erlangen. Nach angestrengtester Arbeit ist das Südufer nahezu erreicht, da schlagen krachend mehrere Granaten auf der Brücken-decke ein, die splitternd auseinanderfliegt. Aber entschlossenes Zufassen verhütet, daß die ganze Brücke zerreißt und im Strome abtreibt. Um 745 vorm. ist die Arbeit getan, die Batterien können mit dem Übergang beginnen.

Auch an vielen anderen Stellen läßt sich der Brückenschlag wegen schwerer Materialverluste nicht in der vorgesehenen Form vollziehen. Statt der schweren Pontonbrücken muß man sich mit leichten oder sogar mit behelfsmäßigen Brückenstegen begnügen. Eine leichte Pontonbrücke wurde Im Abschnitt der 37. Inf.Div. vom Pi.Batl. 208 in der Zelt von 615 bis 745 vorm. hergestellt. Zweimal kurz hintereinander durch Volltreffer zerstört, konnte sie schließlich doch von 80 vorm. ab von den leichten Minenwerfern, Gebirgs. und Begleitbatterien der Division benutzt werden. Vielfach machte aber das feindliche Feuer einen Brückenschlag überhaupt unmöglich.

Bisweilen fanden die braven Pioniere auch Gelegenheit, mit der Waffe in der Hand in den Kampf einzugreifen. So gelang es zum Beispiel dem Offz.Stellv. W ö r d e h o ff der 2. Landw.Pi.Komp. des VII. A.K., mit seinem Zuge die feindliche Uferbesatzung, welche die Brückenkopfstellung südlich Jaulgonne mit M.G.- und Infanteriefeuer überschüttete, zu stürmen und dabei 54 Franzosen und Amerikaner, darunter einen französischen Offizier, gefangenzunehmen. Das E. K.I belohnte den tapferen und entschlossenen Führer.

Vom Morgengrauen ab wurde zur Erleichterung des Übergangs das Marnetal vernebelt. Bis gegen 70 vorm. waren die Windverhält-

60 Der Angriff am 15. Juli.

nisse - Bodenwind ans nördlicher Richtung - hierfür günstig, später schlug der Wind nach Westen um, so daß die Vernebelung nicht mehr gelang. Immerhin hatte sie einige Stnnden hindurch gute Dienste geleistet und die Verluste vermindert.

Währenddessen tobt ohne Unterbrechung das Feuer aus Tausenden von Geschützen und Minenwerfern. In allen Ton- und Lautarten klingen die Abschüsse zusammen, das heisere Kläffen und Bellen der Feldgeschütze vereinigt sich mit dem Krachen der mittleren Kaliber und dem dumpfen Donnerschlag der schweren Mörser zu einem einzigen Brausen, das die Luft schwingen, die Erde beben läßt. Die Regimentsgeschichte des Inf.Regts. 82, welches damals als Divisionsreserve im Bonval-Walde dicht hinter der eigenen Artillerie stand, schildert diese Stunden:

,,Der Eindruck des zum ersten Male miterlebten Trommelfeuers war für uns alle überwältigend; das ununterbrochene, stundenlange Abfeuern der unzähligen Geschütze - es gab keine wenn auch noch so geringe Deckung oder Mulde, in der nicht ein solches gestanden hätte, - ließ den Erdboden zittern. Man hörte nicht den einzelnen Schuß, sondern nur ein zusammenhängendes, nicht endendes Donnerrollen. Gewaltiger Lichtschein des Mündungsfeuers erhellte die dunkle Nacht weithin . . .,,

Allmählich aber kommt hier und dort, erst nur vereinzelt, dann mehr und mehr, eine Folge neuer Töne in das Konzert der Abschüsse. Mit einem verdächtigen, unangenehmen, ekelhaften Pfeifen und Brausen fängt es an, dann folgt ein Bersten und Krachen, ein Zerreißen von Stahl und Eisen. Das Schreien, Stöhnen und Wimmern, mit dem es oftmals endet, wird in dem wahnsinnigen Tosen und Brüllen kaum gehört.

Es zeigt sich, daß die feindlichen Batterien noch am Leben sind. Die französischen, amerikanischen und italienischen Kanoniere haben sich von dem Feuerüberfall, mit dem die deutschen Artilleristen ihr Programm begonnen hatten, erholt. Vielfach stehen ihre Geschütze auch in neuen, erst vor wenigen Tagen eingenommenen Stellungen, die den Deutschen noch nicht bekannt sind. Umgekehrt gibt es in den Batterien der Angreifer jetzt schon erhebliche Verluste an Menschen und Material.

Nach stundenlangem Toben läßt das Feuer der deutschen Batterien plötzlich nach. Eine Feldbatterie nach der anderen hört mit ihrem lauten Kläffen auf, auch bei den Feldhaubitzen und dem mittleren Flachfeuer wird es stumm, und wenn nicht die 21 cm-Mörser sowie die



UM ZUR MENU REICHSARCHIV BAND 34



UM ZUR DEUTSCH MENU